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Ausgerechnet Bananen

Manfred Kaltz wurde Bundesliga-Rekordspieler  ■  PRESS-SCHLAG

Vor 18 Jahren war es, da betrat an der Seite von Uwe Seeler und Willi Schulz ein Spieler den geheiligten Rasen des Stadions „Rote Erde“ in Dortmund, der fortan vor allem wegen seines beharrlichen Schweigens von sich reden machen sollte; und wegen einer obskuren Krümmung seines rechten Fußes natürlich, die sich in ominöser Art und Weise nahtlos auf die Flugbahn eines Fußballes übertragen ließ. Es handelte sich um Manfred Kaltz, den Erfinder der Bananenflanke, der am Samstag sein 553.Bundesligaspiel, allesamt für den Hamburger SV, absolvierte und damit den unverwüstlichen Klaus Fichtel als Rekordhalter der Bundesliga ablöste.

Nach dem gelungenen Debüt des blonden Pfälzers in hanseatischen Diensten dauerte es nicht allzu lange, bis auch Bundestrainer Helmut Schön aufmerksam wurde auf den flinken jungen Mann, der unablässig die Außenlinie auf- und abhastete und und eine Flanke nach der anderen in den Strafraum schnippelte. 1975 bestritt er gegen Österreich sein erstes Länderspiel, dem 68 weitere folgen sollten, und einmal, 1979, durfte er sogar in der Weltelf mitkicken. Einen kongenialen Partner fand er beim HSV und zeitweise auch in der Nationalelf in einem gewissen Kopfball -Ungeheuer, welches Kaltz-Bananen gleich schockweise in wuchtige Hrubesch-Kopfnüsse umwandelte.

Für den HSV war Kaltz auch nach Ende seiner internationalen Laufbahn 1983 weiterhin ungemein wertvoll, in der Nationalmannschaft hatte sein Niedergang allerdings früh eingesetzt. Das Unglück begann, als der oberste Fußball -Monarch Franz Beckenbauer abdankte und Thron, Frau, Vaterland sowie Libero-Posten hinter sich ließ. Letzteren bekam alsbald Manfred Kaltz übereignet.

Von da an trug er die Nase hoch, trabte nur noch mit pseudo -kaiserlicher Noblesse über den Rasen, vermied tunlichst alle Flankenläufe, die er dem niederen Fußballvolk überließ, und pflegte statt der krummen Flanke den schnurgeraden Rückpaß, den er in Komplizenschaft mit Uli Stielike auch nach seiner Rückkehr auf den rechten Verteidigerposten zur Vollendung brachte. Unvergessen ihre perfekten Doppelpaßstaffetten in der eigenen Hälfte bei der WM 1982, als sich Breitners Langweilertruppe den Vizeweltmeistertitel ermogelte.

Am Ende dieser Saison wird Kaltz voraussichtlich 567 Spiele bestritten haben, der Rekord dennoch bald in Gefahr geraten. Kaltz will zwar beileibe nicht aufhören, dafür aber den HSV verlassen und endlich die bislang vermiedene Auslandskarriere machen. Einen mehrjährigen Vertrag habe er, wie es heißt, in Aussicht, Sprachprobleme dürfte es keine geben, da er ja ohnehin nix redet.

Dann wäre die Bahn frei für den Frankfurter Körbel, der schon 521 Partien auf dem Kerbholz hat - und natürlich für Klaus Fichtel. Es wäre doch verwunderlich, wenn der nicht die Kaltz'sche Herausforderung annähme und noch einmal die Stollenschuhe vom Nagel holen würde. Schließlich ist der Mann erst 44.

Matti

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