: Killerkommando liquidiert linken Politiker
Jose Antequera, führender Politiker der linken Partei „Union Patriotica“, in Kolumbien ermordet / Friedensverhandlungen zwischen Regierung und Guerilla werden trotzdem fortgesetzt / Wütende Demonstrationen in Bogota wegen der Ermordung Antequeras ■ Von Ciro Krauthausen
Bogota (taz) - Auf dem Flughafen in Bogota wurde Freitag nachmittag Jose Antequera, Präsidiumsmitglied der linken Partei „Union Patriotica“ (UP) von zwei Killern erschossen. Verletzt wurde auch der zufällig anwesende Ernesto Samper Pizano, Spitzenpolitiker der regierenden liberalen Partei. Bei dem Schußwechsel starb weiterhin ein Angestellter der Staatsanwaltschaft sowie eine bisher nicht näher identifizierte Person - möglicherweise einer der Attentäter. Es handelt sich um den zweiten Mord an führenden Politikern der Linken innerhalb einer Woche: Am Montag war der Kommunist Teofilo Forero ebenfalls in Bogota ermordet worden.
Jose Antequera war die Nummer drei der „Union Patriotica“. Der 34jährige war bis Dezember Chef der Jungkommunisten und führte als „Beauftragter für politische Beziehungen“ der (UP) die Verhandlungen mit den traditionellen Parteien. Auch war er der Vertreter der UP bei verschiedenen Ansätzen zu Friedensverhandlungen mit den Guerillabewegungen. Sowohl die Regierung als auch die restlichen kolumbianischen Parteien verurteilten noch am Freitag die Ermordung Antequeras.
Stunden nach der Ermordung kam es in mehreren Bogotaner Stadtvierteln zu Auseinandersetzungen zwischen aufgebrachten Demonstranten, Militär und Polizei. Im Piolicarpa Salavarieta, einer traditionellen Hochburg der kommunistischen Partei, tobte die Schlacht bis Mitternacht. Auf beiden Seiten fielen Schüsse. Mitglieder der Union Patriotica sprechen von mehreren Toten. Ein Präsidiumsmitglied der Jungkommunisten erklärte der taz gegenüber: „Wir konnten und wollten die Wut der Leute einfach nicht bändigen.“ Die Ermordung Jose Antequeras geschah, während erneut Friedensverhandlungen zwischen der Regierung, den Parteien und den Guerillabewegungen anlaufen. Nach Bekanntwerden des Attentats suspendierte die kolumbianische Guerilla M-19 die laufende dritte Verhandlungsrunde mit Präsidentenberater Rafael Pardo in Mexiko-Stadt. Kommandant der Guerilla, Antonio Navarro Wolf, sprach jedoch anschließend in einem Fernsehinterview nicht von einem Abbruch der Gespräche, sondern nur von einer Denkpause. Inzwischen steht fest, daß die Verhandlungen zwischen M-19 und Regierung trotz der Ermordung Antequeras fortgeführt werden.
Auf einer Pressekonferenz im Stadtrat Bogotas, wo der Leichnam Antequeras aufgebahrt wird, erklärten die UP -Führer, sie würden sich von jeglichen Friedensverhandlungen zurückziehen, solange die Regierung ihnen nicht genügend Garantien böte. „Leibwächter reichen nicht, sie wissen es“, schrieb die UP in einem Brief an Präsident Barco.
Das Begräbnis Jose Antequeras ist für Montag angesetzt. Das Zentrum Bogotas wird ständig von Militär- und Polizeieinheiten patrouilliert. Die Situation ist ähnlich gespannt wie im Oktober 1987. Damals wurde der UP -Vorsitzende Jaime Pardo Leal begraben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen