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"Die CDU wäre eine schlechte Kopie der –Republikaner'"

■ Interview mit Carsten Pagel, stellvertretender Landesvorsitzender der "Republikaner", über Mitgliederwerbung, politische Strategie und Außenkontakte sowie das Verhältnis seiner...

taz: Herr Pagel, Sie kommen ursprünglich aus der CDU, der frühere stellvertretende Landesvorsitzende der Jungen Union ist zu den „Republikanern“ übergetreten - mit wieviel Zulauf vom rechten Flügel der CDU rechnen Sie in der nächsten Zeit?

Carsten Pagel: Zur Zeit ist es so, daß sich in erster Linie Leute aus der Jungen Union zum Übertritt entschließen und viele Mitglieder und Anhänger der CDU. Die etablierten Mitglieder des konservativen Flügels der CDU wollen die Entwicklung wohl erst mal abwarten und verbleiben in ihrer Partei. Allerdings ohne daß sie dort auf die Entwicklung Einfluß nehmen können.

Sie haben sich immer sehr um Herrn Lummer bemüht - der will aber nicht. Was würde Ihnen sein Eintritt bei den „Republikanern“ bringen?

Herr Lummer konnte sich in der Tat noch nicht entschließen. Allerdings ist uns aus konservativen CDU-Kreisen signalisiert worden, daß der Übertritt von Herrn Lummer wahrscheinlich zum völligen Wegbrechen des konservativen Flügels der CDU führen würde. Nach unserer Einschätzung würden dann mehrere hundert CDU-Mitglieder zu uns kommen: Bezirksverordnete, Ortsvorstandsmitglieder, einfache Mitglieder. Die sind aber gerade für die Verankerung der CDU in der Bevölkerung das Entscheidende.

Was für Unterschiede sehen Sie in programmatischer Hinsicht zwischen den „Republikanern“ und dem „konservativen Flügel der CDU“, wie Sie ihn nennen.

Der Unterschied besteht im wesentlichen darin, daß wir es wirklich ernst meinen und daß wir die Dinge, die wir vertreten, auch in praktische Politik umsetzen wollen. Inhaltlich sehe ich da wenig Unterschiede.

Ihre Akzeptanz gegenüber den anderen politischen Parteien und gesellschaftlichen Organisationen wie Kirche, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden ist sehr gering. Wollen Sie das ändern oder so lassen - man kann ja auch als „Underdog“ erfolgreich sein, wie das Abschneiden Ihrer Partei bewiesen hat.

Wir haben die Situation, daß wir von etablierten Kräften in der Stadt abgelehnt werden, ja nicht geschaffen. Die anderen haben sich abgegrenzt. Ich teile Ihre Ansicht, daß uns das nicht schadet, sondern vielmehr nützt, weil es die „Republikaner“ zu einer ganz besonderen Kraft macht, die sich für jeden anbietet, der berechtigte Gründe der Unzufriedenheit in irgendeiner Form hat. Eine Blockadepolitik ändert überhaupt nichts an der Tatsache, daß wir eine politische Kraft in der Stadt sind und auch noch stärker werden.

Wo wollen Sie demnächst um weitere Mitglieder werben? Sie haben einen regen Zulauf im Moment, aber Sie brauchen doch auch Leute, die was darstellen in der Stadt.

Neben dem konservativen Flügel der CDU bemühen wir uns auch um Kontakte zu Konservativen in der FDP, weil wir davon ausgehen, daß die FDP auf Dauer keine politische Rolle in der Stadt mehr spielen wird. Und wir wollen im Bereich der Universität, wo es viele konservative Professoren und Mitarbeiter gibt, für uns werben.

Das heißt: Sie reden mit der Notgemeinschaft Freie Universität oder NOFU-Mitgliedern?

Die NOFU ist eine parteiunabhängige Organisation..., die zweifelsfrei zum rechten Flügel der politischen Szene gehört..., die zum konservativen Spektrum zählt, richtig. Wir unterhalten uns selbstverständlich mit Anhängern der Notgemeinschaft. Wenn wir mit denen über universitäre Probleme reden, bedeutet das noch nicht, daß Professoren, die in der CDU sind, die Partei wechseln. Wir bemühen uns da natürlich um Kontakte.

Was nützt Ihrer Partei im Moment am meisten, was schadet Ihnen am meisten?

Am meisten nützt es uns, wenn uns die etablierten Parteien und Medien mit Nichtachtung und Verleumdungen strafen. Schaden würde uns eine Radikalisierung der eigenen Anhängerschaft und rechtsextreme Vorfälle. Das würde uns ganz erheblich schaden.

Haben Sie eigentlich Angst davor, daß sich die CDU nach rechts orientiert und Ihnen so das Wasser abgräbt? Die Junge Union hat sich auf ihrer Bundeskonferenz am Wochenende nochmal auf den Begriff der „Wiedervereinigung“ verständigt.

Es könnte für uns dann als Partei gefährlich werden, wenn die CDU eine tatsächliche Kurskorrektur betreiben würden. Da habe ich bei der CDU, die ich ja aus langer eigener Erfahrung kenne, aber keine Angst. Die CDU wird nur rein verbale Zugeständnisse machen, alles für die Optik. Sie muß sich aber daran messen lassen, daß sie ihr Programm in der Regierungsverantwortung für den Bund und Berlin schon einmal nicht umgesetzt hat. Also: Stärkung der inneren Sicherheit, Begrenzung des Ausländerzuzugs, Abschaffung des Asylmißbrauchs. Nichts davon ist geschehen. Wenn die CDU jetzt sagt: Wir haben uns das anders überlegt, zurück zu den Wurzeln, dann nimmt ihr das in Berlin keiner mehr ab. Im übrigen ist es so - das hat ja auch die SPD merken müssen -, daß die Wähler lieber das Original wählen als die Kopie. Und die CDU wäre eine schlechte Kopie der „Republikaner“.

Interview: ccm

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