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Börsen-Tenno im Pyjama verhaftet

■ Der Direktor des japanischen Telekommunikationsriesen NTT, Hisashi Shinto, stürzte über Insider-Skandal / Premierminister wälzt Schuld auf seinen Sekretär ab

Tokio (dpa/afp) - Live durften die japanischen Fernsehzuschauer am Montag abend dabei sein, als einer der mächtigsten Geschäftsmänner der Welt aus dem Krankenbett heraus verhaftet wurde. Seit der monatelangen Krankenberichtserstattung zum Ableben Kaiser Hirohitos ist auch der kranke Magnat im Schlafanzug hoffähig geworden, zählt auch der Pyjama zu des Kaisers Kleidern. Selbst die Dosierung stand mit einem abendfüllenden Programm dem Tenno -Thema um nichts nach. Diesmal lag der 78jährige Direktor des japanischen Telekommunikationsriesen Nippon Telegraph and Telephone (NTT), Hisashi Shinto, im Rampenlicht. Er wird der passiven Bestechung in einem seit Monaten an der Regierung sägenden Aktienskandal beschuldigt.

Im November hatte Hisashi Shinto zugegeben, daß sein Chefsekretär 10.000 Anteile der Immobilienfirma Recruit Cosmos Co. erworben hatte, bevor diese an der Börse notiert wurden. Er selbst habe jedoch nie Zugriff zu den Aktien gehabt. Shintos Sekretär Kozo Murata, der mit seinem Chef verhaftet wurde, hatte bei dem Insider-Geschäft 1986 mit den Aktien des Recruit-Konzerns rund 285.000 Mark Gewinn erzielt. Erst als nicht mehr zu bestreiten war, daß das Geschäft mit einem Kredit der Recruit-Tochter finanziert worden und der Profit auf Shintos Privatkonto und als Spende an prominente Regierungspolitiker gegangen war, gab er seinen Posten als Generaldirektor des größten japanischen Unternehmens auf.

Jetzt könnte die Affäre, wie viele Kommentatoren glauben, ein kritisches Stadium erreicht haben. Denn genau wie Shinto berufen sich auch Takeshita, sein Amtsvorgänger Nakasone und Dutzende anderer Poliktiker darauf, daß ihre Sekretäre „allein“ von den Recruit-Geschäften profitiert hätten. Jedermann in Japan spekuliert darüber, wie lange sich Ministerpräsident Takeshita, der erst seit 16 Monaten seine Geschäfte ausübt, noch halten kann. Die gehandelten Nachfolgekandidaten sollen allerdings noch tiefer im Recruit -Aktienskandal stecken.

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