: Berliner Lösung nicht bundesweit
Für SPD-Chef Vogel ist das Berliner rot-grüne Bündnismodell nicht übertragbar / In Berlin noch keine SenatorInnenverteilung ■ Von Wiedemann und Fehrle
Bonn/Berlin (taz) - SPD-Chef Hans-Jochen Vogel sieht eine rot-grüne Koalition in West-Berlin nicht als Wegweiser für weitere Bündnisse auf Landes- oder Bundesebene: „Als generelles Modell ist diese Zusammenarbeit ebensowenig übertragbar wie die SPD/FDP-Koalition in Hamburg“, versicherte Vogel gestern in Bonn. Zu der „Berliner Lösung“ habe die „Besonderheit des Wahlergebnisses“ beigetragen sowie die „Verweigerung ernsthafter Verhandlungen“ seitens der Union. Das Bündnis sei „mit nicht unerheblichen Risiken verknüpft“. Hinsichtlich künftiger Wahlaussagen verwies Vogel auf die Standardformulierung eines Parteiratsbeschlusses von 1987, alle Parteien müßten miteinander koalitionsfähig sein. Ein rot-grüner Senat in West-Berlin könne „eine Phase der Erneuerung und des humanen Fortschritts einleiten, falls“, so Vogel, „die AL die Kraft aufbringt“, die Vereinbarungen auch in der Praxis einzuhalten, darunter „die Pflicht des Staates, gegen Gewalttätigkeiten einzuschreiten“. Bei den Grünen sieht Vogel nach deren Duisburger Parteitag „eine Entwicklung in Richtung zunehmender Politikfähigkeit“. Selbstkritisch vermerkte Vogel, die SPD hätte schon früher die „richtigen Fragen“ der Grünen aufnehmen müssen, deren Antworten seien nämlich nicht richtig. In Berlin wurden die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und AL gestern am späten Nachmittag fortgesetzt. Nachdem sich die Parteien am letzten Wochenende auf ein Sachprogramm geeinigt hatten, wurde jetzt über die „philosophische Grundlage“ gesprochen. Hinter diesem schwerwiegenden Begriff verbirgt sich eine politische Absichtserklärung, die als Präambel vor der Koalitionsvereinbarung stehen soll. Unter anderem wird festgelegt, daß es keine wechselnden Mehrheiten geben soll.
Außerdem wollen die zukünftigen Regierungspartner die Formalia ihrer Zusammenarbeit festlegen. Absehbar ist, daß ein sogenannter Koalitionsausschuß gebildet wird, in dem alle Initiativen der beiden Fraktionen abgestimmt werden.
Die Verteilung der Ressorts und SenatorInnen haben sich die Parteien für Donnerstag auf die Tagesordnung gesetzt. Am Wochenende dann tritt der Parteitag der SPD zusammen, und die Mitgliedervollversammlung der AL entscheidet Sachprogramm und Personalien.
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