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„Keine Kompromisse mit Milosevic mehr“

Tomasz Mastnak (40) arbeitet am Institut für Marxismus-Leninismus in Ljubljana und gilt als Theoretiker der grün-alternativen Bewegung Sloweniens / Er sieht einen neuen Konsens zwischen slowenischer Partei und Opposition  ■ I N T E R V I E W

taz: In Slowenien erscheint mir die Reaktion auf Milosevic gelassen, so als gebe es gar keine große Bedrohung. Ist es jetzt wirklich richtig, still dazusitzen und abzuwarten, bis Milosevic sich mit aller Gewalt auf Slowenien stürzt?

Tomasz Mastnak: Wir sind nicht ruhig. Und auch die Partei nicht. Die hat nämlich zum ersten Mal in der letzten Woche eine fundamentale Kritik an Milosevic öffentlich gemacht. Auch in Kroatien und Bosnien wurde er kritisiert.

Aber Statements halten die Kampfmaschinerie aus Belgrad nicht auf.

In der Tat behandelte die slowenische Partei bis in die letzten Wochen hinein die ganze Angelegenheit als ein Problem der Serben. Vielleicht ist es tatsächlich schon zu spät, Milosevic zu stoppen. Aber die Protestwelle ist ermutigend. Seit am Montag voriger Woche die Versammlung im Cankarger Dom stattfand, wo Redner der Partei zusammen mit den bisher offiziell nicht anerkannten oppositionellen und demokratischen Gruppen und Personen aufgetreten sind, hat sich etwas verändert. Die Reaktion der serbischen Führung war nervös - weil ihnen nämlich zum ersten Mal klar wurde, daß Milosevic Jugoslawien zerstören kann.

Gut, die bürokratischen Mächte in den anderen Republiken müssen Milosevic fürchten, weil er ihre Pfründen und ihre Macht bedroht. Er hat schließlich in Montenegro und in der Wojwodina die verknöcherten Strukturen beseitigt und seine Gefolgsleute an die Macht gebracht. Davor zittern natürlich die Parteifunktionäre in Bosnien und Kroatien - gemacht haben sie aber noch nichts Spektakuläres. Ist das in Slowenien so grundsätzlich anders?

Sicher, auch die slowenische Partei hat immer wieder Kompromisse gemacht. Aber jetzt ist der Punkt gekommen, wo die Bürokratien reagieren müssen.

In Ungarn hat es einen Durchbruch hin zu einer pluralistischen, demokratisch-sozialistischen Gesellschaft gegeben. Dort ist man dabei, nicht nur die anderen politischen Strömungen anzuerkennen, sondern auch die Strukturen des Staates zu verändern. In Slowenien dagegen wird viel über Demokratie geredet, und an der Parteispitze gibt es sehr interessante Figuren, aber den Durchbruch sehe ich noch nicht.

Doch, die Partei hier hat sich verändert. Sie besitzt mittlerweile unterschiedliche Strömungen, sie hat in Wirtschaftspolitik und in ihrer gesamten Ideologie Ballast abgeworfen. In den Regionen und auf Gemeindeebene sitzen zwar immer noch die alten Leute, und die sind oftmals immer noch unflexibel - aber die Führung hat jetzt die Unterstützung der Gesellschaft. Neue politische Organisationen haben sich gebildet wie die Sozialdemokraten und der Demokratische Bund. Auch die Sozialistische Allianz, die ja nach dem alten Verständnis alle gesellschaftlichen Organisationen von den Kirchen bis zu den Bauern in sich vereinigen soll, hat sich verändert. Sie ist nicht mehr nur von den Kommunisten kontrolliert, sondern erlaubt in sich eine politische Pluralität. Sicher haben diese Veränderungen noch nicht die formalen Strukturen verändert. Aber auch das wird geschehen. Wir haben jetzt den Konsens des ganzen Landes, daß es notwendig ist, sich gegen sie nationalistische und stalinistische Bewegung in Belgrad zu wehren.

Milosevic hat eine klare, eine offensive Strategie. Im Kosovo haben die Albaner in der Parteiführung zu lange taktiert und die streikenden Bergarbeiter zurückgepfiffen. Eure Haltung in Slowenien ist ebenfalls defensiv, ob von der Partei oder von euch, den Grün-Alternativen, aus. Ihr müßtet doch jetzt für das gesamte Jugoslawien und nicht nur für Slowenien eine Perspektive bieten, eine Alternative zu Milosevic.

Genau das wollen wir. Wenn wir aber jetzt sofort ein Mehrparteiensystem ausrufen, dann haben wir einen direkten Anlaß für das Militär geschaffen einzugreifen. Man darf die Machtverhältnisse nicht vergessen. Wir müssen Jugoslawien sehen, wie es ist. Gleichzeitig kann Jugoslawien nicht bleiben, wie es ist. Unsere Inhalte sind aber nicht so leicht in einfache Formeln zu gießen wie in Serbien. Die politische Kultur, die notwendig ist, muß in der Lage sein, Kompromisse zu schließen, sie muß auf der Einheit in der Vielfalt basieren. Nur mit Milosevic kann es keine Kompromisse geben.

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