: Reaktionäre contra Revolutionäre
Rassistische Hetze gegen Daniel Cohn-Bendit in Frankfurter CDU-Wahlkampfzeitung ■ Aus Frankfurt Heide Platen
Hieße der Mann einfach Prybzynzky (Polacke) oder Altobello (Spaghettifresser), käme er nicht in die Wahlkampfzeitung der Frankfurter CDU. Der Mann aber heißt richtigerweise Cohn -Bendit (Daniel, Jude) und kandidiert für die Grünen. Deshalb, und nur deshalb, steht auf der Titelseite „Soll Cohn-Bendit unsere Heimat bestimmen?“ Das Ganze segnet der noch regierende Oberbürgermeister Wolfram Brück mit seinem vollen Nachnamen ab, heißt das Blatt doch neckisch 'Frankfurter Brücke‘.
Die schmuddelige Wahlkampf-Kampagne der hessischen CDU gegen Ausländer als Reaktion (im wahrsten Sinn des Wortes) auf den Einzug der „Republikaner“ ins Berliner Parlament braucht nicht nur massenhaft geklebte Plakate gegen das Ausländerwahlrecht, sondern auch einen ganz persönlichen Buhmann. Deshalb sagt der „freundliche Grüne“, Grün -Dezernent Heinz Daum (CDU, was sonst?), ein paar Seiten weiter „mit einem Augenzwinkern“ und „auf philosophische Weise“: „Manche Pflanzen muß man rupfen, um Wildwuchs zu vermeiden ...“ Daneben prangt ein Foto von, eben, Cohn -Bendit. Ein dicker Pfeil nagelt ihn fest: „Der Grüne, der Frankfurt umgraben will.“ Da sei der „Ebbelwei“ davor, gegen die „Rot-Grün-Denke mit ständigen Krawallen“, gegen „Gewalt“ und eben den „Revolutionsstrategen“ Cohn-Bendit. „Schluß mit der Asylanten-Flut“, „immer mehr Asylanten“, „Mißbrauch ... Tür und Tor“ usw., usf.
Gestern in der 'Bild-Zeitung‘: Auf einer ganzen Seite reißt der verzottelte grüne Bürgerschreck Cohn-Bendit die Rathaustür auf: „Daniel Cohn-Bendit, Fraktionsvorsitzender der Grünen, auf dem Weg in den Römer“ heißt die Bildunterschrift der CDU-Anzeige. Eine zweite Anzeige, ebenfalls gestern in 'Bild‘, von der Bürgerinitiative „Liebenswertes Frankfurt“, fragt „Herrn Dr.Hauff, mal ganz unter uns“ (Stammtischbrüdern?), wie er denn mit einem „Uralt-Revolutionär (...) Ruhe und Frieden“ in der Stadt garantieren wolle. Zurück zur 'Brücke‘: „Menschen aus Asien oder Afrika“ (Jacke wie Hose), die “... unsere Überlieferungen kennen, achten und mittragen“? Unvorstellbar! Und wenn sie, sinniert ein Kommentator namens Köhrer nicht ganz logisch, wählen dürften, könnten sie sich den Folgen ihrer Wahl „jedoch durch Rückkehr in ihre Heimat entziehen“.
Die Glücklichen! Oder auch Ausbünde an Scheinheiligkeit und Verschlagenheit! Ebbelwei? Ich kann gar nicht so viel saufen, wie ich kotzen muß. Daniel Cohn-Bendit erstattete gestern Anzeige wegen der persönlichen Angriffe. Der Mann, der presserechtlich für den Schmutz verantwortlich zeichnet, heißt Norbert Arnold, Kreisgeschäftsführer der CDU und Rassist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen