Hausbesetzung in Kreuzberg

■ Nostizstraße 49 besetzt / 23 Wohnungen standen leer / Besitzer ist hochverschuldet untergetaucht / Zwangsversteigerung steht an / Polizei hält sich bislang zurück

Die Aufräumarbeiten sind in vollem Gang. Ein Infocafe wurde eingerichtet, für den Abend ist ein Fest geplant. Die BesetzerInnen des Hauses Nostizstraße 49 richten sich wohnlich ein. Seit Mittwoch abend ist das Haus besetzt. Die meisten der 23 Wohnungen stehen leer, einige bereits seit zwei Jahren. Nur noch vier Mietparteien sind geblieben, die anderen sind nach und nach rausgedrängt worden. Die BesetzerInnen fordern die Übernahme der Häuser durch das Land Berlin und „kleinteilige Modernisierung“, abgestimmt auf die finanziellen Möglichkeiten der bisherigen BewohnerInnen. Eigentümer des Hauses war bislang der Immobilienmakler und Wohnungspekulant Eberhard Schulz, Geschäftsadresse Goethestraße 12. Schulz, der in Berlin noch weitere Häuser besitzt, hatte in der Vergangenheit bereits negative Schlagzeilen gemacht. Gegen ihn liegt eine Strafanzeige wegen Subventionsbetrugs vor. Schulz ist inzwischen hochverschuldet untergetaucht.

Das Haus Nostizstraße 49 wurde aus diesem Grund am Donnerstag vor dem Amtsgericht Kreuzberg zwangsversteigert. „Der Preis ist unheimlich hochgetrieben worden“, erzählt eine Besetzerin. Private Mitbieter wie der Kneipenpächter aus dem Vorderhaus konnten nicht mithalten. Für 535.000 Mark ging das Haus an eine Immobiliengesellschaft. Der endgültige Zuschlag fällt allerdings erst in zwei Wochen, am 23. März, vor dem Amtsgericht.

Die BesetzerInnen bekamen derweil gestern Besuch von Zwangsverwalter Herzog: „Er hat uns mehr oder weniger gedroht, bis Montag müßten wir draußen sein.“ Eine Strafanzeige liegt nach Auskunft der Polizei bislang noch nicht vor. Ausdrücklich begrüßt wurde die Besetzung gestern von Baustadtrat Orlowsky. „Wir haben gemerkt, daß da etwas faul ist“, so Orlowsky. Der Bezirk habe aber nicht die Kompetenzen gehabt, „dem Spuk ein Ende zu bereiten“. Es geht um die öffentlichen Mittel, die Schulz für die Sanierung des Hauses von der senatseigenen Wohnungsbau-Kreditanstalt erhalten haben soll. Es soll sich dabei um die beantragte Summe von einer Million handeln. Unklar ist, wie viel der Mittel bereits geflossen sind - und wohin. Die Wohnungen in der Nostizstraße machen keinen sanierten Eindruck, lediglich neue Fenster scheinen installiert worden zu sein.

Auch Orlowsky fordert daher den neuen Senat auf, das Haus zu erwerben und in das geplante kommunale Sondervermögen zu überführen. „Die Nostizstraße könnte der erste Problemfall sein, für den das praktiziert wird.“ Eine polizeiliche Räumung hingegen wäre, so Orlowsky, äußerst fatal.

Frauke Langguth