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Dat Ewige Hin und Her

■ Vernissagen-Sekt-Empfang vor weißen Wänden im Ernst-Waldau-Theater

Eine Ausstellungseröffnung mit Sekt und zwei Reden, aber abgehängten Bildern - das wird dem kunstbesessenen Publikum Bremens nicht alle Tage geboten und dafür muß man schon in den Bremer Westen fahren. Tom Gefken von der „Galerie des Westens“ wollte am Freitag vor der Premiere des Lustspiels „Dat ewige hin und her“ dem Ernst-Waldau-Theater „zwar keine Vorwürfe machen“, aber - die Bilder mußten ab. Warum? „Zuviel Arsch und Titten“, sagt eine Mitarbeiterin der GaDeWe, aber nicht pornografisch. „Keine Geschlechtsteile“, fügt der abgehängte Künstler Franzisko Mejia hinzu. Trotzdem zuviel.

Mit einer kleinen Performance über „Mensch und Bestie“ im Stierkampf, die Mejia zusammen mit Frank Bätge improvisatorisch vorführten, wollten die Galeristen das Eröffnungs-Publikum nicht ganz ohne gehen lassen. Aber dann kam der Auftritt im Foyer, ohne Vorhang und Beleuchtung. Ingrid Ebel-Andersen, Hausherrin im Ernst-Waldau-Theater, erklärte vor weißen Wänden, warum es so kommen mußte: Seit zwei Jahren genieße die GaDeWe Gastrecht im „Theater des Westens“, und es sei verabredet gewesen, daß die Kunst „behutsam in Bezug auf unser Publikum“ und ordentlich zurückhaltend sein sollte. Mit dem Thema „Eros“ sei man aber „einen Schritt zu weit“ gegangen. „Das klingt wie zensieren“, meinte die Theater-Chefin, „soll es aber nicht sein“. Die Ausstellungen seien ihr wichtig und „als schöne Zugabe“ im Theater gern gesehen, und nun dieses „Mißgeschick„(!) Die „guten Beziehungen zur GaDeWe“ wolle sie „nicht trüben“, aber diese Bilder mußten runter, „nur im Hinblick auf unserer Besucher“. Die GaDeWe verfüge ab Mai glücklicherweise über eigene Räume in der Reuterstraße, da werde die Ausstellung zu sehen sein. Mit 200 Mark hatte die Theater-Frau dem Galeristen die Zensur versüßt und die Unkosten der Ausstellungs-Vorbereitung erstattet.

Tom Gefken zeigte Verständnis: Da scheine es „knallhart um Existenzfragen“ zu gehen, deutete er ahnungsvoll an. Immerhin sollen schon früher Premieren-Abonnements gekündigt worden sein wegen der Kunst im Foyer. Und es zeige sich, daß „Kunst in größeren Häusern auf Geld angewiesen ist“, das Ernst Waldau-Theater sei „zwischen die Mühlsteine geraten“. Über das Verhältnis von Kunst und Zielgruppen müsse man sich vielleicht Gedanken machen.

Der Sekt war ausgeschenkt, die zensierte Eröffnung endete ohne Applaus. Ein paar Damen und Herren, die an der Garderobe ihre kostbaren Hüllen abgelegt hatten, drückten sich an der Versammlung vorbei und wußten nicht, was ihnen erspart geblieben war. Sie wollten ja nur zu dem Lustspiel: „Dat ewige Hin und Her“.. .

K.W.

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