: Ausgedünnter Polenmarkt
■ Am Wochenende kaum noch Polen auf dem Krempelmarkt Mehr als 3.000 bereits an polnischer Grenze abgewiesen
„500 Polen - das ist ja gar nichts“, verkündete der polizeiliche Lagedienst am Sonntag nachmittag zur Situation am Krempelmarkt. Auch von den Grenzstellen wurde zum Teil normaler Reiseverkehr gemeldet. In Dreilinden passierten am gesamten Wochenende 34 Busse und 1.037 PKWs aus Polen die Grenze. In Heiligensee konnten die Zöllner die einreisenden polnischen Bürger beinahe an den Händen abzählen. Bis Samstag wurden 88 PkWs und sechs Busse, bis Sonntag nachmittag nochmal 32 PKWs und ein Bus gezählt. Beschlagnahmt wurde nichts: „Keiner hatte extrem viel dabei“, so ein Zöllner. Anscheinend sind auch an diesem Wochenende viele der Reisenden schon von den polnischen Behörden aufgehalten worden. Wie die polnische Nachrichtenagentur 'pap‘ am Samstag berichtete, sind am Donnerstag und Freitag mehr als 3.000 Polen bereits an der Grenze zurückgeschickt worden. An den wichtigsten Grenzübergängen nach West-Berlin wurden insgesamt 280 Reisende zurückgeschickt. Viele der abgewiesenen Autofahrer warteten vor den Grenzübergängen auf den Schichtwechsel, um danach erneut ihr Glück zu versuchen.
Rund um den Krempelmarkt waren am Wochenende erneut Polizeibeamte im Einsatz. Dabei wurde nur noch „vereinzelt Händlertätigkeit“ festgestellt. Die Parkplätze waren überfüllt, meldete die Polizei, und 18 Autos wurden umgesetzt. Außerdem registrierte die Polizei neue kleine Subhandelszentren rund um die Matthäi-Kirche, den Mendelsohn -Bartholdy-Platz und im Skulpturengarten neben der Nationalgalerie.
Scharfes Vorgehen gegen Ost-West-Handel auch in der DDR meldete am Wochenende das West-Berliner Informationszentrum West. Dem Handel mit polnischen Waren auf offiziellen und wilden Flohmärkten zwischen Rostock und Suhl soll nun anscheinend ein Ende gesetzt werden. Wegen Zollhehlerei sind zwei DDR-Bürgerinnen zu zweijähriger Bewährungsstrafe verurteilt worden. Sie sollen in den letzten fünf Jahren illegal eingeführte Waren im Wert von über 250.000 Mark abgesetzt haben. Insgesamt 40 polnische Gastarbeiterinnen lieferten den Händlerinnen Waren an, die sie auf jährlich über 80 Trödelmärkten verkauften.
Der Ost-West-Handel in umgekehrter Richtung läuft weiterhin ungestört. Am Wochenende schickte das Deutsche Rote Kreuz zum 24. Mal Hilfsgüter und Lebensmittel nach Polen. Zwei Rotkreuzfahrzeuge und ein Sattelschlepper bringen Medikamente, Spritzen, Kanülen, 50 Kindergarten-Liegen und 26.700 Fertiggerichte nach Breslau.
Frauke Langguth
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