: „Feurige Grüße“ in Köln und Celle
400 demonstrierten am Samstag vor dem Knast Köln-Ossendorf und 600 in Celle für Zusammenlegung der Gefangenen aus RAF und Widerstand / 39.Hungerstreiktag für Christa Eckes und Karl-Heinz Dellwo ■ Von Rosenkranz und v.Appen
Köln/ Celle (taz) - Rund 1.000 Menschen gingen am Samstag in Köln und Celle auf die Straße, um ihre Solidarität mit dem Hungerstreik der politischen Gefangenen aus der Roten Armee Fraktion (RAF) und dem Widerstand zum Ausdruck zu bringen. In Hörweite zum Knast in Köln-Ossendorf übermittelten etwa 400 Menschen, begleitet von Rock- und Reggae-Rhythmen, per Lautsprecher „feurige Grüße“ und Solidaritätsadressen an die in Ossendorf inhaftierten Gefangenen Adelheid Schulz, Susanne Schöfs und Christa Eckes, die - wie Karl-Heinz Dellwo in Celle - seit Anfang Februar ununterbrochen die Nahrungsaufnahme verweigern. Als Vertreterin der „Angehörigen der politischen Gefangenen“ erklärte eine Schwester der in Hamburg inhaftierten Luitgard Hornstein: „Wir wollen nicht mehr länger zusehen müssen, wie eure Gesundheit in den Knästen schleichend zerstört wird.“ Eine andere Rednerin erklärte, für die Durchsetzung der Forderungen reiche die Mobilisierung in den militanten Gruppen allein nicht aus. Es gehe auch darum, „über die Szene hinaus“ Unterstützung zu suchen. Die Zusammenlegung sei nicht nur von existentieller Bedeutung für die Gefangenen, sondern auch wichtig für die radikalen Gruppen außerhalb der Knäste. Ein Redner aus Berlin, der zu den taz -„Gästen“ der vergangenen Woche gezählt hatte, erinnerte an die Auseinandersetzungen mit der taz und forderte erneut „eine Seite täglich“ in eigener Regie. Die „taz-Mafia“ führe zwar das Wort Zusammenlegung im Munde. Gemeint sei jedoch der Dialog mit den Gefangenen, den auch die Grünen vorgeschlagen hätten. „Den wollen wir gerade nicht“, meinte der Redner. Zwischen der Reihenhaussiedlung, an deren Rand die Kundgebung stattfand, und dem Knast verstellten die Mehrfamilienhäuser der Gefängnisbediensteten den Blick. Die Polizei hielt sich während der Kundgebung und im Verlauf einer anschließenden Demonstration durch den Kölner Norden betont im Hintergrund. Es kam zu keinen Zwischenfällen. Der Protestmarsch der rund 600 in Celle, der von den örtlichen Grünen angemeldet, jedoch von TeilnehmerInnen aus dem autonomen und antiimperialistischen Spektrum Norddeutschlands dominiert wurde, war zugleich als ein „Gruß“ an Karl-Heinz Dellwo gedacht. Dellwo, der mit den RAF -Gefangenen Lutz Taufer und Knut Volkerts in Celler Isolationshaft sitzt, gehört zum ersten Glied in der Hungerstreikkette zur Durchsetzung der Forderung nach Zusammenlegung.
Zusammen mit Christa Eckes verweigerte Dellwo am Samstag den 39.Tag jegliche Nahrungsaufnahme. In den nächsten Tagen wird der Hungerstreik in ein Stadium treten, der für beide lebensbedrohlich werden kann oder zumindest schwere gesundheitliche Folgeschäden haben wird. Zuvor waren die DemonstrantInnen unter Sprechchören wie „Solidarität mit dem Hungerstreik - Zusammenlegung jetzt, es wird höchste Zeit“ und „Iso-Haft ist Folter, Iso-Haft ist Mord - Zusammenlegung jetzt sofort“ in einem polizeilichen Wanderkessel zum berühmten Knast (Celler Loch) marschiert. Die Polizeiführung hatte aus ganz Niedersachsen Einheiten zur Begleitung zusammengezogen. Trotz massiver Vermummung, die vor den zahlreich installierten Videokameras schützen sollte, und Parolen, die sich auf der 129a-Liste von Generalbundesanwalt Rebmann befinden, verlief die Demonstration ohne Zwischenfälle.
Im Verlauf der Kundgebung vor dem Knast wiesen mehrere SprecherInnen darauf hin, daß die Hungerstreik-Solidarität immer breiter werde. Dies zeige nicht nur die Zahl der Solidaritätsadressen, die von der „Humanistischen Union“ bis zu der „Naturfreunde-Jugend“ reiche, sondern auch die internationale Solidarität. So wollen US -Gefangenenorganisationen am 15.März einen nationalen Hungerstreiktag durchführen, um damit den Hungerstreik in Südafrika und der BRD zu unterstützen. Im Norden richten sich derzeit die Aktivitäten auf die Mobilisierung zu einer nationalen Hungerstreikdemonstration am 17.März in Hamburg. Zu diesem Protestmarsch, für den mittlerweile 50 Gruppen und Organisationen aufrufen, werden 10.000 TeilnehmerInnen erwartet.
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