„Das sind alles Michael-Kohlhaas-Typen“

■ Der Geschäftsführer der Karstadt-Filiale am Hermannplatz, Hans-Joachim Hund (63), zu den Brandanschlägen auf den Konzern und dem Sextourismus / Er verkauft nur Reisen, was die Touristen daraus machen, sei deren Sache

taz: In der Nacht zu Sonntag zündeten in den Karstadt -Filialen Müllerstraße und Hermannplatz mehrere Brandsätze, mit denen eine Gruppe „die Qicklebendigen“ gegen den Sextourismus protestieren wollte. Können Sie damit was anfangen?

Hans-Joachim Hund: Das ist eine Frage, die ich nicht leicht beantworten kann. Ich stecke nicht in den Köpfen dieser Halbirren, die uns des Sextourismus bezichtigen.

Laut Bekennerschreiben werden Sextouren unter anderem von der Karstadteigenen „NUR“ Touristik organisiert.

Außer „NUR“ gibt es bestimmt noch 30 weitere Veranstalter, die die gleichen Reiseangebote machen: nach Bali, Hongkong, Singapur, Bankok. Ich war dort selbst überall, kenne auch Phuket und Pattaya. Ich bin mit meiner Frau dort gewesen. Man kann dort so und so leben. Man kann das als Tourist erleben wie Korsika oder man kann sagen „ich bin im Bumsbomber und lebe mich da aus“.

Bietet „NUR“ denn überhaupt Sextouren an?

Wir bieten keine Sextouren an. Wir bieten wie alle Veranstalter Ostasienreisen an, in Form von Single-, Familien und Kluburlauben. Was da gemacht wird, ist die persönliche Entscheidung des Reisenden.

Aus manchen Anzeigen kann man aber auch was anderes rauslesen, und jeder, der mal in Thailand war, weiß doch, was da läuft.

Die Textstellen der Anzeigen, auf die Sie anspielen, kann ich nur als Vorbeugung für Haftungsklagen deuten: In Bankok, Phukett oder Pattaya können Sie anreisen, sich eine angeln und mit der zusammen im Hotel übernachten. Davor werden die Familien und die Empfindlicheren ein bißchen in unseren Prospekten gewarnt, daß man diese Hotels möglichst meiden sollte, wenn man das nicht haben will.

Welche Sorte Urlaub machen Sie persönlich am liebesten?

Ich fahre nach Korsika und lebe da herrlich und in Freuden und sehr einsam. Wir können da nackt rumlaufen (lacht), aber da sind keine Leute. Wir können baden, lesen, auf die Berge fahren und machen, was wir wollen. Aber ich möchte nicht für Korsika Werbung machen, weil das ein Paradies ist.

Glauben Sie, daß der Sextourismus durch Brandanschläge auf Reisebüros eingedämmt werden kann?

Das Unterfangen und diese Aktionen bringen diese Leute keinen Schritt weiter und sie gefährden letzten Endes Menschenleben, obwohl es außerhalb der Geschäftszeiten passiert ist: Manchmal können auch Arbeiten außerhalb der Geschäftszeiten gestaltet werden, außerdem sind die Bomben nicht zuverlässig, wie man in Steglitz und bei uns gesehen hat. Die eine ist ja nicht hochgegangenen.

Was gedenkt Karstadt gegen mögliche zukünftige Anschläge zu tun?

Gegen solche heimtückischen Anschläge ist man nicht gefeit. Einen Brandsatz irgendwo in einem Kaufhaus zu verstecken, das ist kein Kinderspiel, das bedarf keiner großen Intelligenz.

Was halten Sie von dem Ziel der Qicklebendigen, die eine Gesellschaft wollen, in der für Prostitution kein Platz ist?

Das sind Michael-Kohlhaas-Typen. Seit Menschengedenken gibt es eine Art Prostitution, die mit allen Mitteln bekämpft wurde. Ich denke da an die Kirchen, Hexenverbrennung und so weiter. Diesen Moralanspruch werden die nicht in die Köpfe der Menschheit hereinbringen.

Interview: plu