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Dellwos Zustand besorgniserregend

Der niedersächsische Landtagsabgeordnete der Grünen, Hansen, besucht Hungerstreikenden im Celler Hochsicherheitstrakt / Koma jederzeit möglich / Solidaritätsstreik von 49 Frauen im Berliner Gefängnis Plötzensee  ■  Von Voges und Rosenkranz

Hannover/Berlin (taz) - Nach einem Besuch im Hochsicherheitstrakt des Celler Gefängnisses hat der grüne Landtagsabgeordnete und Kinderarzt Peter Hansen den Gesundheitszustand von Karl-Heinz Dellwo gestern als sehr besorgniserregend beschrieben. Er befürchte, daß der Gefangene jederzeit ins Koma fallen könne, sagte Hansen. Nur einmal alle 24 Stunden würde Karl-Heinz Dellwo vom Anstaltsarzt untersucht. Wenn sich der Zustand des Gefangenen plötzlich verschlechtere, könne er sterben, bevor er gefunden werde. Nach dem Besuch am Wochende hatte er „den Eindruck, daß Dellwo trotz seines angegriffenen Gesundheitszustandes fest entschlossen ist, das Ziel der Gefangenen mit dem Mittel des Hungestreikes durchzusetzen“.

Karl-Heinz Dellwo sehe nach dem nunmehr sechswöchigen Hungerstreik nicht nur dünn, schlecht und abgemagert aus, sondern habe auch „Schwierigkeiten, den Ablauf von Körperbewegungen zu koordinieren“. Er halte den Gefangenen für einen widerstandsfähigen Menschen, sagte Hansen, aber gerade bei solchen drohe der plötzliche und totale Zusammenbruch. Die Situation der drei Gefangenen im Celler Hochsicherheitstrakt bezeichnete der Kinderarzt als „wirkliche Isolationshaft“. Es sei unvorstellbar, in dieser völlig abgetrennten Welt 15 Jahre lang ohne Aussicht auf Veränderung zu leben. Das Angebot des niedersächsischen Justizministers Werner Remmers, die drei Celler RAF -Gefangenen in den Normalvollzug zu verlegen, ist für den grünen Landtagsabgeordneten nur ein Scheinangebot, denn im Celler „Sicherheitstrakt“, in den die drei dann verlegt würden, seien die dort bisher untergebrachten Strafgefangenen völlig isoliert.

Der Landesvorstand und die Landtagsfraktion der niedersächsischen Grünen haben am Wochenende eine gemeinsame Erklärung zu den Haftbedingungen und zum Hungestreik der Gefangenen aus der RAF verabschiedet. Darin verlangen sie die Abschaffung der Isolation in allen Gefängnissen der Bundesrepublik, ungehinderte politische Information und Kommunikation für alle Gefangenen, die Freilassung haftunfähiger Gefangener aus der RAF und die Zusammenlegung der politischen Gefangenen in Gruppen von einer Mindestgröße von zehn bis 15 Personen.

Unterdessen traten gestern 49 Gefangene der Frauenhaftanstalt Berlin Plötzensee in einen „vorerst dreitägigen Warn- und Solidaritätsstreik“. In einer gemeinsamen Erklärung unterstützen die Frauen den „bundesweiten Hungerstreik gegen Isolation und für Zusammenlegung“. Für sich selbst verlangen sie u.a. die Öffnung der gegenwärtigen Zehner- und Fünfzehnereinheiten zu Großgruppen, „selbstbestimmte Zusammenlegung und Zusammenschlüsse innerhalb offener Häuser, Zugang zu allen Gemeinschaftshöfen, Aufhebung der Post- und Bücherzensur“ sowie die „Aufhebung der Trennung und Spaltung von sozialen, politischen und BTM-Gefangenen“. Seit Ende 1988, begründen die Frauen ihre Aktion, „tobt die Anstalt erneut ihren Sicherheitswahn an uns aus“. Ein neues Haftkonzept ziele nur darauf ab, „zu spalten und zu vereinzeln, BTMler, soziale und politische Gefangene noch perfekter zu trennen und gegeneinander aufzuwiegeln“, heißt es in der Erklärung. Bereits in der vergangenen Woche waren vier Frauen in Plötzensee in einen zweiwöchigen Solidaritätshungerstreik getreten, die bis Anfang Februar jeweils auf Antrag mit Gabriele Rollnik und Angelika Goder stundenweise zusammengeschlossen worden waren. Nach Aufnahme des bundesweiten Hungerstreiks war dies sofort unterbunden worden.

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