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Frauen-Power im Berliner Senat

SPD nominiert überraschend fünf Frauen für Senatorinnenposten / Insgesamt acht Frauen und fünf Männer im Senat / Momper will sozialdemokratische Frauen beschwichtigen / Erste Landesregierung mit Frauendominanz  ■  Von Rita Herrmanns

Berlin (taz) - In Berlin sind Frauen an der Macht. Der Senat der Halbstadt wird künftig aus acht Senatorinnen (3xAL, 5xSPD) und nur fünf Senatoren (SPD) bestehen. Die von Frauen dominierte Regierung mit männlicher Einlage soll morgen inthronisiert werden. Berlin hätte damit den höchsten Frauenanteil aller elf Landesregierungen.

Nachdem am Wochenende die AL drei Frauen für die Senatsressorts Stadterneuerung und Umweltschutz, Frauen, Jugend und Familie und Schule und Sport nominiert hatte, präsentierte die SPD gestern überraschend eine Liste mit fünf Kandidatinnen für den zukünftigen Senat. Die SPD hat damit ihre insgesamt zehn Senatorenposten streng quotiert.

Gestern Nachmittag mußten die designierten SenatorInnen noch die Hürde einer geheimen Abstimmung der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus und des Landesvorstands nehmen. Die Abstimmung dauerte bei Redaktionsschluß noch an. In SPD -Kreisen wurde jedoch nicht daran gezweifelt, daß die Liste bestätigt wird.

Bemerkenswert an der Damenriege ist nicht nur die Quote, sondern auch, daß alle fünf Frauen sich jeweils auf ihren Gebieten mit Frauenpolitik oder frauenspezifischen Themen beschäftigt haben. Damit sind neue Akzente zu erwarten, die sich an der Mehrheit der Stadtbevölkerung orientieren.

Senatorin für Gesundheit und Soziales soll die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Ingrid Stahmer werden. Die langjährige Sozialstadträtin im Stadtteil Charlottenburg wird gleichzeitig als Bürgermeisterin Stellvertreterin des Regierenden Bürgermeisters Walter Momper sein. Heide Pfarr, die sich als Arbeitsrechtlerin häufig mit Problemen von Frauen in der Arbeitswelt auseinandersetzte, ist vorgesehen als Senatorin für Bundesangelegenheiten.

Zwei weitere Wissenschaftlerinnen, die Vizepräsidentin der Freien Universität Barbara Riedmüller-Seel und die Jura -Professorin Jutta Limbach, wurden als Senatorin für Wissenschaft und Hochschule beziehungsweise als Justizsenatorin vorgeschlagen. Die Politologin Riedmüller -Seel hatte eine Professur für Frauenforschung am Otto-Suhr -Institut. Für kulturelle Angelegenheiten steht Anke Martiny auf der Senatsliste.

Die männlichen SPD-Senatoren werden die Ressorts Bauen und Wohnen, Finanzpolitik, Wirtschaftspolitik, Innenpolitik und das neugeschaffene Superressort Verkehr, Arbeit und Betriebe leiten. Finanzsenator wird der Umweltexperte Norbert Meisner, Wirtschaftssenator der SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Mitzscherling. Mehr Wohnungen in Berlin will der Wahlkampfleiter der SPD, Wolfgang Nagel, als Bausenator bauen. Arbeit und Betriebe werden mit dem IG-Metaller Horst Wagner fest in Gewerkschaftshand liegen.

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Porträt der Politikerinnen S. 4

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Mit seiner Senatsliste nahm der zukünftige Regierende Bürgermeister Walter Momper den innerparteilichen KritikerInnen den Wind aus den Segeln. Insbesondere die Genossinnen der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) waren verärgert darüber, daß ihr Parteichef sich den Senatsposten für Frauen und Familie von der AL abhandeln ließ. Es fehle nur noch, war in den letzten Tagen von den erbosten Sozialdemokratinnen nach der Aufstellung der AL-Senatorinnen zu hören, daß die AL den Frauenanteil in der Regierung stelle.

Bis gestern war in der SPD nur Ingrid Stahmer als sichere Bewerberin für eine Senatsstelle gehandelt worden. Den Überraschungscoup begründeten die Sozialdemokraten damit, sie wollten ein Zeichen setzen für eine verstärkte Gleichstellungspolitik. Einigen der Männer, die ursprünglich für Senatorenposten vorgesehen waren, bot Momper nun den Posten von Staatssekretären an. Hans Kremendahl, hochschulpolitischer Sprecher seiner Fraktion, wird zweiter Mann im Wissenschaftsse

nat, und der einst für das Amt des Justizsenators vorgesehene Jurist Wolfgang Schomburg soll unter Jutta Limbach Staatssekretär werden.

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