: Eine zweifelhafte Wahl
Zur Nominierung von Barbara Riedmüller-Seel ■ K O M M E N T A R
Eine Frau, wunderbar. Im letzten Sommer noch durfte die Hochschule der Künste nicht einmal andeuten, daß sie bevorzugt Frauen auf Lehrstühle berufen will, damit das geschlechtliche Ungleichgewicht abgebaut wird. Ein hoher Beamter der Wissenschaftsverwaltung war sofort eingeschritten und hatte sich mannhaft gegen die Entrechtung des Mannes in der Wissenschaft zur Wehr gesetzt. Jetzt hat der eine Frau als Vorgesetzte.
Eine Frau, die sich als fortschrittliche Wissenschaftlerin einen Namen gemacht hat. Endlich. Gerade in Berlin drosselt eine Wissenschaftsbürokratie, die noch vom stumpfen wilhelminischen Geist geprägt ist, die Universitäten. Nach dem geistfeindlichen und provinzellen Mensch Turner mehr denn je: Da war Wissenschaftspolitik nur noch der Versuch, die universitären Geister im Zaume zu halten.
Der Spieß muß endlich umgedreht werden: nicht die universitären Geister, sondern die wilhelminischen Kleingeister auf den Chefsesseln der Wissenschaftsbürokratie müssen endlich im Zaume gehalten werden. Von Barbara Riedmüller-Seel?
So sehr sie sich als Wissenschaftlerin profiliert hat - als Hochschulpolitikerin hat sie nicht zu erkennen gegeben, daß sie für einen Neuanfang steht. Sie trägt Mitverantwortung für die Situation, die den Studentenstreik auslöste: als Vizepräsidentin der FU hat sie nichts gegen die Strukturbeschlüsse unternommen, die die Studenten auf die Barrikaden brachten.
Mehr noch: Während des gesamten Studenten-Streiks war von Frau Riedmüller-Seel nichts zu hören. Als linke Vizepräsidentin wäre sie prädestiniert gewesen, in eine Vermittlerrolle zwischen FU-Spitze und eigenen Studenten zu schlüpfen. Statt dessen: Völlige Funkstille. Politisch fragwürdig war schon ihre Entscheidung im Vorjahr, in das Kabinett des Skandal-Präsidenten Heckelmann einzutreten. Betonte sie damals aber noch ihre Unabhängigkeit, so muß man daran mittlerweile zweifeln. Zuviel Heckelmann-Politik hat sie ohne erkennbaren Widerspruch mitgetragen. Eine derart be - oder gefangene Politikerin: Das hatte der Berliner Wissenschaftspolitik für einen Neuanfang gerade noch gefehlt. Warum sucht sich Momper für dieses schwierige Unterfangen eine Kandidatin aus der politisch heruntergekommenen FU?
Winfried Sträter
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