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Mozartstraße 15

■ Die 5. Tage des unabhängigen Films in Augsburg

An Selbstbewußtsein mangelt es den Organisatoren der Augsburger Filmtage nicht: „Say Goodbye To Hollywood - Say Hello to Augsburg“ lautete ihr Motto. Und sie dürfen auch ein bißchen stolz sein: Innerhalb von nur 5 Jahren haben es Ellen Gratza , Franz Fischer und Thomas Gerstenmeyer geschafft. Mitten in der bayrischen Provinz schufen sie ein international beachtetes und vom heimischen Publikum angenommenes Festival, das mittlerweile Geburtshelfer und Vorbild für ähnliche Vorhaben in anderen bundesdeutschen Städten ist.

Was die besondere Attraktivität der „Tage des unabhängigen Films“ ausmacht, ist die gelungene Mischung aus renomierten Filmemachern (dieses Jahr: Frederick Wiseman, Marcel Ophuls und Karl Grass, der Mentor des DDR-Dokumentar-Films), engagierten Newcomern und Filmen von qualifizierten Amateuren aus der Umgebung.

Unter den 15.000 Besuchern waren auch Schüler aus einem Umkreis bis zu 250 Kilometern gekommen, die die drei Tage in einer Turnhalle nächtigten, „um mal was anderes als den Videoschrott“ zu sehen. Wichtig waren vor allem die Diskussionen zwischen den 18 Filmemachern aus der DDR und dem Schüler-Publikum. Daß die DDR-Filmer virtuos die Kunst der Zwischentöne beherrschen und daß auch im anderen Deutschland durchaus kritische und vielschichtige Sichtweisen ihren Platz haben, ohne ständig unter der Rubrum „Glasnost“ zu laufen, davon konnte sich das Publikum bei dem Streifen Hinter den Fenstern (Regie: Petra Tschörtner) oder bei Heike Misselwitz‘ Winter ade und bei Michael Kanns Die Entfernung zwischen Dir und mir und ihr überzeugen.

Nach Cannes, Locarno und Berlin verzeichnete man auch in Augsburg einen Ansturm auf die Barbie-Dokumentation Hotel Terminus von Marcel Ophuls. Die örtliche Monopolzeitung 'Augsburger Allgemeine‘ verlor über den für den Dokumentar -Oskar nominierten Film jedoch kein Wort.

Barbie war nach dem 2. Weltkrieg im Augsburger Vorort Stadtbergen, in die Mozartstraße 10 untergetaucht. Doch das wird in Brechts Geburtsstadt nur allzu gern verdrängt. Zu hunderten wurden die ehemaligen Nachbarn Barbies eingeladen, doch in der Diskussion mit Marcel Ophuls gab sich keiner von ihnen zu erkennen.

„Wenn Du erfolgreich eine soziale Intervention unternehmen willst, mußt Du erstmal die volle soziale Realität kennenlernen - und die ist sehr zwiespältig und kompliziert“, erläuterte Frederick Wiseman. Wiseman, einer der bekanntesten US-Dokumentarfilmer, der die amerikanische Gesellschaft als erschreckend und zugleich amüsant zeichnet, war zum erstenmal in Deutschland mit seinem Publikum persönlich konfrontiert. Er habe „regelrechten Horror davor, zu sagen, was jemand zu denken hat“. Dieser Leitfaden mag auch für die Konzeption und den Erfolg der „Unabhängigen Tage des Films“ gelten. Mittlerweile ist auch der Augsburger Oberbürgermeister Hans Breuer (SPD) bekehrt: Nach jahrelangem zähen Ringen um jede müde Mark aus dem Stadtsäckel - dieses Jahr kam die Kommune für rund 25 Prozent der Kosten auf - sagte er bei der Begrüßung der internationalen Gäste die weitere Unterstützung der Stadt zu. „Aber keine Angst, unsere Unabhängigkeit lassen wir uns nicht abkaufen“, sind sich die Organisatoren der Filmtage einig.

Heinz Suhr

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