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„Krise des Antifaschismus“

■ Grüne Bundestagsfraktion diskutiert über Strategien gegen rechts

Bonn (taz) - Die politischen Strategien der Grünen zur Auseinandersetzung mit dem Rechtsradikalismus hatte sich die Bundestagsfraktion am Dienstag abend angesichts der Wahlergebnisse in Hessen und Berlin auf die Tagesordnung gesetzt. Weitreichende Meinungsunterschiede waren in der mehr als dreistündigen Debatte auszumachen. Fraktionssprecherin Jutta Oesterle-Schwerin sieht nicht vorrangig soziale oder ökonomische Probleme als verantwortlich für die Wahlerfolge, sondern ein unabhängig davon bestehendes Bewußtsein bei den Wählern. Sie bündelte ihre Meinung in dem Leitsatz: „Kapitalismus führt zum Faschismus.“ Man lebe immer noch in dem gleichen System, welches Hitler an die Macht brachte - Antifaschismus bedeute deshalb auch die „grundlegende Umgestaltung der parlamentarischen Demokratie“.

„Demokratie bedeutet aushalten können“, setzte Antje Vollmer dagegen und warnte davor, nun das Ziel nach umfassender Demokratisierung aufzugeben oder von der Forderung nach Abschaffung der Fünf-Prozent-Klausel abzurücken. Sie machte auf den Widerspruch der Linken aufmerksam, dem Volk zur Macht verhelfen zu wollen, ihm aber andererseits zutiefst zu mißtrauen. Die Parole „Ausländer raus“ zeuge von denselben „wahnhaften Bildern“ nach „Sauberkeit“ wie die Gegenparole „Nazis raus“. Der Ruf nach Repression offenbare die Schwäche der eigenen Positionen, sagte Frau Vollmer und bezeichnete die Erfolge der „Republikaner“ auch als „Niederlage“ und „Krise des traditionellen Antifaschismus“.

Auch Eckard Stratmann bezeichnete die Forderung „Nazis vertreiben“ als „antiemanzipatorische Panik-Reaktion“, die ein gleiches Denkmuster wie bei den Neo-Nazis offenbare. Wer zu einem differenzierten Gebrauch des Wortes Faschismus „nicht fähig sei, werde keine kulturelle Hegemonie ereichen und sympathische Angebote für diese Wähler anbieten können“. Die Parole, aus Kapitalismus folgt Faschismus, mache die Linke handlungsunfähig, kritisierte Ludger Volmer; mit dieser Fehleinschätzung sei schon die KPD in der Weimarer Zeit gescheitert. Er erinnerte daran, daß bei den Grünen im Bereich der Ökologie „neo-konservative Unterströme und Denkmuster“ vorhanden seien.

Hubert Kleinert wies auf die „spezifische Schwäche“ der Linken hin, die den jungen Wählern der Rechten nur als „Laberköppe“ entgegentreten würden. Die Fraktion stimmte Verena Krieger zu, die ein „Defizit an vorlebbaren Alternativen“ bei den Grünen konstatierte. Stratmann forderte den Aufbau eines Jugendverbands und verstärkte Präsenz im Schulbereich.

gn

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