: „Pfleglich mitein- ander untergehen“
Kohls Freudscher Versprecher illustriert Lage der Koalition / Kompromißvorschlag zur Familienpolitik ■ Aus Bonn Gerd Nowakowski
In der Koalition ist die Lust am Untergang ausgebrochen. Seit am Mittwoch abend Kanzler Kohl vor laufenden Fernsehkameras mit einem Versprecher seinen Wunsch zum besten gab, man wolle „pfleglich miteinander untergehen ... äh, umgehen“, war auch dem letzten Beobachter klar: die Kanzlerdämmerung hat begonnen.
Kurz zuvor hatte die CDU/CSU-Fraktion ihren Kohl düpiert und eine bereits mit der FDP abgesprochene Koalitionsvereinbarung zu Kindergeld, Erziehungsgeld und Haushaltshilfen abgelehnt.
Gestern am späten Nachmittag - nachdem den ganzen Tag über hektisch „nachverhandelt“ wurde - dann doch noch ein neuer Vorschlag der Fraktionsspitzen. Eine Erhöhung des Kindergeldes nur für das zweite Kind um 30 auf 130 Mark zum 1.Juli 1990 sieht der Fortsetzung auf Seite 2
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Kompromiß jetzt vor. Die Haushaltshilfe soll nur für Ehepaare mit zwei Kindern unter zehn Jahren steuerlich absetzbar werden, verlautete weiter aus Bonn.
Zuvor hatten in einer überraschend angekündigten Pressekonferenz das Aufgebot von Innenminister Zimmermann, Bauminister Schneider, Blüm und Bildungsminister Möllemann die unumstrittenen Ergebnisse des „Kassensturzes“ zwischen Union und FDP dargeboten: Inmitten der hektischen Unruhe in der Regierungskoalition ein verunglückter Versuch der Vorwärtsverteidigung; Handlungsfähigkeit zu dokumentieren und so zu tun, als steuere der Kanzler und die Koalition seit der Hessenwahl nicht mit dramatischer Geschwindigkeit einem Bruchpunkt entgegen.
Besondere Wut hatte in der Fraktionssitzung am Mittwochabend die von der FDP erstrittene Steuererleichterung für Haushaltshilfen her
vorgerufen, die - so viele Abgeordnete - einer Umverteilung von unten nach oben gleichkomme, (ähnlich der vom seligen Strauß durchgesetzten Steuerfreiheit für Flugbenzin). Eine Kindergeldzulage, welche erst ab 1992, also nach der nächsten Bundestagswahl gezahlt werden sollte, helfe der Union nicht. Tagesthema auf Seite 3
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