Etappensieg für Italiens Frauen

Das neue italienische Sexualstrafrecht wurde im Parlament verabschiedet und geht jetzt an den Senat / Konsens von Kommunisten bis Christdemokraten: Vergewaltigung in der Ehe ist strafbar  ■  Von Gunhild Schöller

Berlin (taz) - Das neue italienische Sexualstrafrecht, das den Schutz der Frau in den Mittelpunkt stellt, hat im römischen Parlament eine Mehrheit gefunden. Bei Stimmenthaltung der Christdemokraten votierten für das Gesetz die Kommunisten, die Sozialisten und einige Linksgruppierungen (206 gegen 90 Stimmen). Das mittlerweile zehn Jahre dauernde Tauziehen um das Gesetz wird jedoch weitergehen: Der Entwurf geht jetzt an den Senat, wo noch erhebliche Änderungen zu erwarten sind.

Neu an diesem Gesetz ist, daß sexuelle Gewalt nicht mehr als „Vergehen gegen die Moral“, sondern als „Verbrechen gegen die Person“ verfolgt wird. Diese neue, auf das Opfer blickende Herangehensweise machte es möglich, auch die eher versteckte sexuelle Gewalt unter Strafe zu stellen. Wer grabscht oder durch Exhibitionismus belästigt, macht sich in Zukunft in Italien strafbar. Auch die Vergewaltigung in der Ehe wird unter Strafe gestellt - so weit reicht der Konsens von den Kommunisten bis zu den Christdemokraten. Streit quer durch alle Fraktionen und Fronten - auch in der Frauenbewegung -, gibt es um die Einstufung als Offizial bzw. Antragsdelikt. Die Christdemokraten stimmen einer Behandlung der Vergewaltigung in der Ehe als Offizialdelikt nicht zu: Der Staatsanwalt soll nicht in jedem Fall ermitteln müssen, sondern nur auf Antrag der betroffenen Frau. Weil sie sich damit nicht durchsetzen konnten, enthielten sich die Christdemokraten bei der gestrigen Abstimmung.

Ein langes Tauziehen ist auch um die Zulassung von Frauengruppen als Nebenklägerinnen zu erwarten. Nachdem diese Möglichkeit zuerst im Entwurf vorgesehen war, wurde sie wieder gestrichen. Wenn das Gesetzesprojekt im Senat verhandelt und abgestimmt wird, nimmt man dieses Recht für Frauengruppen voraussichtlich wieder auf.

Nach dem jetzt im Parlament verabschiedeten Entwurf macht sich auch strafbar, wer Zeuge einer Vergewaltigung wird und dem Opfer nicht zur Hilfe eilt. Auch dieser Passus wird im Senat vermutlich wieder fallen. Unterlassene Hilfeleistung ist in Italien generell strafbar.

Neu definiert wird auch die Strafbarkeit von sexuellen Handlungen zwischen Erwachsenen und Jugendlichen. Straffrei bleibt die Sexualität zwischen Jugendlichen, wenn die Beteiligten zwischen 13 und 17 Jahren sind. Strafbar sind weiterhin sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen und Jugendlichen unter 14 Jahren, auch wenn die Beteiligten aussagen, sie seien „einverständlich“. Ebenso strafbar machen sich Verwandte oder mit Erziehungsgewalt ausgestattete Personen mit sexuellen Handlungen an Jugendlichen unter 16 Jahren. Das Strafmaß liegt zwischen drei und acht Jahren.