El Salvador: „Heiße Phase“ des Wahlkampfs

■ Drei Tage vor den Präsidentschaftswahlen greift die Guerilla Duartes Palast an / Aufruf zum Verkehrs- und Wahlboykott / Erstmals nimmt die Linke in einem Parteienbündnis an den Wahlen teil / Der Kandidat der rechtsextremen Arena hat die besten Chancen

San Salvador/Berlin (afp/taz) - Die am Sonntag stattfindenden Präsidentschaftswahlen in El Salvador lösen bei der Bevölkerung nur mäßige Begeisterung aus - aus verständlichen Gründen. In San Salvador, der Hauptstadt des mittelamerikanischen Staates, gingen am Mittwoch abend sämtliche Lichter aus. Guerilleros der Nationalen Befreiungsfront Farabundo Marti (FMLN) hatten kurz zuvor mit Mörsern und improvisierten Raketenwerfern den Präsidentenpalast und eine angrenzende Kaserne beschossen. Dabei flogen auch mehrere Hochspannungsmasten in die Luft. Präsident Duarte befand sich während des Angriffs nicht im Palast, der schwer beschädigt wurde. Der Anschlag war, nach Ansicht von Sicherheitskräften, eine Antwort der FMLN auf die Weigerung Duartes, die für Sonntag angesetzten Präsidentschaftswahlen zu verschieben.

13 Tote und 18 Verletzte gab es wenige Stunden zuvor bei einem Großangriff auf die strategisch wichtige Kaserne Chalatenango, 70 km nördlich von San Salvador. Von umliegenden Hügeln aus lieferten sich die Guerilleros eine siebenstündige Schlacht mit der Armee, die auch Flugzeuge und Hubschrauber einsetzte. Für Donnerstag rief die FMLN über ihren Sender 'Radio Venceremos‘ zum „größten Transport und Verkehrsboykott in der Geschichte des neunjährigen Befreiungskrieges“ auf. Sie drohte mit Anschlägen auf Fahrzeuge, die dennoch unterwegs seien.

Unmittelbar im Anschluß an diese Übertragung strömten die Hauptstädter zu Tausenden in die Läden und hamsterten Lebensmittel, Wasser, Benzin und Medikamente für die Tage bis nach der Wahl. Für den Wahlsonntag selbst soll die Guerilla einen Waffenstillstand zugesagt haben.

Der Wahlkampf ging inzwischen in der Nacht zum Donnerstag zu Ende. An der Wahl beteiligen sich insgesamt acht Parteien, darunter erstmals die Linke, die in dem Bündnis „Demokratische Konvergenz“ (CD) zusammengeschlossen ist. Wenige Tage vor der Wahl vom Sonntag herrscht bei der Bevölkerung weitgehend Angst und Unsicherheit; eine Umfrage der Jesuitenuniversität San Salvadors ergab, daß eine Mehrheit von 58,9 Prozent sich für den Vorschlag der Guerilla, die Wahlen zu verschieben, ausspricht. 22,3 Prozent der Stimmberechtigten besitzen nicht mal einen Wählerausweis und können daher am Urnengang nicht teilnehmen.

Nach der Erhebung der Jesuitenuniversität darf Alfredo Christiani von der rechtsextremen Arena-Partei im ersten Wahlgang mit 26,2 Prozent der Stimmen rechnen, Gegenkandidat Fidel Chavez Mena von den regierenden Christdemokraten mit 12,9 Prozent und der Kandidat des Linksbündnisses CD, Guillermo Ungo, mit 4,2 Prozent. Wenn, wie angenommen, keiner der Kandidaten am Sonntag eine absolute Mehrheit erreicht, findet einen Monat später eine Stichwahl statt. Die besten Aussichten hat in dem Fall laut Umfrage der Arena -Kandidat Christiani.

henk