: ZWEIMAL KLINGELN
■ Zum Verhältnis von Telefon und Literatur
Der schwere, schwarz-glänzende Apparat auf dem Schreibtisch des Privatdetektivs Philip Marlowe, den man hinter den Trennwänden einer Mattglasscheibe im nächtlich verlassenen Büro anhaltend und verzweifelt klingeln hört, das ist meine erste Assoziation zum Telefon in der Literatur.
Auch die Monographie Telefon! (transit Verlag), mit deren Titel die Autoren Renate Genth und Joseph Hoppe den Leser auffordern, „Geh du ran!“ zu antworten, ist eine Liebeserklärung an die Quasselstrippe und die Karriere des Telefons in Literatur und Film. Und so mußten die Kommunikationswissenschaftler feststellen, daß die Künste mit Hörer und Gabel schon lange umgehen können. Zu welchen Umgangsformen es die Literatur gebracht hat, ist in ihrem Haus in der Fasanenstraße 23 zu hören.
Der Vortrag des Literaturwissenschaftlers Bernhard Siegert dramatisiert in Kittlerscher Manier die Beziehung Text / Telefon: „Vom Untergang der Literatur in rauschender Muschel - Texte zum Telefon von Kafka, Brod u.a.“ wird uns ein kombinierter „Vorlesungs- und Vortragsabend“ berichten. Siegert, der seine Forschung auf den Bereich der „Posttheorie“ spezialisiert hat - nicht zu verwechseln mit der „Theorie der Postmoderne“ -, ahnt Apokalyptisches, vom „Ursprung“ zum „Untergang“, am Montag, den 20. März, um 19 Uhr.
Auch der Literaturkritiker Volker Hage stellte in der „Lust am Telefon“ eine Unverträglichkeit mit der Lust am Text oder dem altmodischen Dichterwort fest. Nicht mehr das Fernsehen, Teufelsmedium der letzten 20 Jahre, oder Kino ist für ihn der größte Feind der Literatur, denn um Abenteuer ohne Risiko zu erleben - daheim vom Sessel aus, des Nachts im Bett: dazu braucht es keine Bücher mehr, es genügt ein Anruf.
Den Abschluß der Telefonkette bildet im Literaturhaus das „Poetische Telefonbuch“ am Donnerstag, 23. März, um 19 Uhr, ein Abend über das „Literaturtelefon“ (Berlin: 796 66 66), bei dem die Hamburger Telefonierer ihre langjährigen Erfahrungen mit diesem fast-art Kunst-Anschluß mitteilen und hoffentlich amüsant über die Fürs und Widers dieser fernmündlichen Dichterlesung in Berlin gestritten wird.
Susanne Raubold
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