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El Salvadors Linke stellt sich zur Wahl

■ Bei der morgigen Präsidentschaftswahl kandidieren erstmals die Verbündeten der FMLN-Guerilla

Nein, gewinnen können und wollen sie nicht, sagt Guillermo Ungo, Kandidat des Linksbündnisses. Ihm geht es um den politischen Spielraum; darum, daß über einen Verhandlungsfrieden mit der Guerilla öffentlich diskutiert werden kann. Den nächsten Präsidenten El Salvadors wird wahrscheinlich die rechtsextreme „Arena“ stellen vielleicht schon nach dem morgigen ersten Wahlgang.

„Die meisten von euch werden sich fragen: Sollen wir ungültig wählen oder unsere Stimme der Convergencia geben?“ Ruben Zamora, Koordinator der „Demokratischen Konvergenz“, wendet sich an die Menge auf dem Platz vor der Kathedrale mitten in San Salvador, mit all seiner Überzeugungskraft wirbt er für seine Koalition. Es ist noch keine neun Jahre her, daß die Armee mit ihren Maschinengewehren denselben Platz in ein Schlachtfeld verwandelte - an dem Tag, als der ermordete Erzbischof Romero von Tausenden zu Grabe getragen wurde.

Erst vor 17 Monaten sind die Führer der Demokratisch -Revolutionären Front (FDR) aus dem Exil zurückgekehrt, jetzt stellen sie sich, zusammen mit einer anderen Kleinpartei, als Bündnis „Convergenicia“ einer Wahl. Ihr Präsidentschaftskandidat Guillermo Ungo, zugleich Vizepräsident der Sozialistischen Internationale, strahlt zwar bei seinen Fernsehauftritten das Charisma eines Mathematiklehrers aus, doch wenn er dann vor der Menge auf dem Podium steht, auf der Brust ein Lätzchen mit dem Regenbogensymbol, das der chilenischen Koalition für das „No“ gegen Pinochet abgeschaut ist - dann kommt er so richtig in Fahrt und preist die neue Rolle seiner Koalition: „Selbst die extreme Rechte muß heute vom Frieden zumindest reden - wir haben den Friedensvorschlag der FMLN hier populär gemacht.“ Die rechtsextreme „Arena“ ihrerseits setzt alles daran, am Sonntag bereits über 50 Prozent zu kommen. Sie weiß, daß für sie in einer zweiten Runde im nächsten Monat nicht mehr viel dazuzugewinnen wäre. Die Christdemokraten dagegen hoffen gerade darauf. Denn ihr Kandidat, der frühere Außenminister Fidel Chavez Mena, spekuliert dann mit den Stimmen der Convergencia Democratica: „Demokratische Stimmen werden sich nicht der extremen Rechten zuneigen.“ Auch die Convergencia hoff auf eine zweite Runde - um dann das Thema Frieden und Verhandlungen wieder ins Gespräch zu bringen.

Jedenfalls sind diese Wahlen spannender als die anderen vier, die seit dem Reformputsch vom Oktober 1979 veranstaltet wurden. Der mit über drei Milliarden Dollar finanzierte Versuch der USA, ein (christ-)demokratisches Zentrum zu konsolidieren, ist gescheitert. Die jüngste Umfrage, veranstaltet von der Jesuitenuniversität in San Salvador, sieht den Arenakandidaten (20,3 Prozent) weit vor der Christdemokratie (12,9) und der Convergencia (4,2). Die meisten Befragten allerdings ziehen es vor, sich in Schweigen zu hüllen, sodaß sich noch viel ändern kann.

Die von Unternehmern und Großgrundbesitzern gesponserte Arena, die seit letztem Jahr bereits die Nationalversammlung dominiert, hat eine millionenschwere, professionelle Wahlkampagne abgezogen. Längst hat sich die Oligarchenpartei für die kleinen Leute und das Lumpenproletariat geöffnet. Der 42jährige Alfredo Cristiani, ein sportlich aussehender Betriebswirt mit Diplom der Georgetown University in Washington D.C., der der Partei das rechtsradikale Image und den Geruch der Todesschwadrone nehmen soll, hat es verstanden, die Mißwirtschaft und Korruption der Christdemokraten zum Hauptthema zu machen und sein Programm der Privatisierung von Staatsbetrieben und Banken als Schlüssel zum Fortschritt zu verkaufen.

Die US-Botschaft, die lieber ihren Schützling Chavez Mena siegen sehen würde, hat bereits angedeutet, daß man auch mit Cristiani zusammenarbeiten werde. Auch wenn die europäischen Verbündeten nicht recht glauben wollen, daß der rechtsradikale Flügel der Partei nichts mehr zu melden hat.

Von all den Kleinparteien und Koalitionen, die sich auch noch um die Präsidentschaft bewerben, ist einzig Julio Adolfo Rey Prendes, ein ehemaliger Minister und Vertrauter Duartes, der vor einem halben Jahr seine eigene Partei gründete, nachdem er sich parteintern gegen Chavez Mena nicht durchsetzen konnte, für eine Überraschung gut. Denn er kontrolliert einen guten Teil der christdemokratischen Kader.

Doch sonst kann man davon ausgehen, daß die Convergencia Democratica das Zünglein an der Waage sein wird. Die linke Koalition war ständig in den Medien präsent, als wochenlang der Friedensvorschlag der FMLN diskutiert wurde (siehe Artikel unten). Mit einiger Genugtuung registrierten sie auch den überraschenden Schwenk der FMLN, die noch vor einem halben Jahr die Wahlbeteiligung der FDR- Parteien als Abenteurertum kritisiert hatte. Inzwischen haben sich Ungo, Zamora und Co. einen Platz in der politischen Szene des Landes erkämpft, den sie nicht aufs Spiel setzen wollen.

Ralf Leonhard

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