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Humangenetik stoppen

■ taz-Gespräch mit der grünen Bürgergerschafts-Abgeordneten Helga Trüpel zur Gen-Technolgie in Bremen und zu grüner Politik vor Ort

az: Was planen die Grünen in Bremen pro oder contra gentechnologische Aktivitäten?

Helga Trüpel: Wir werden im April in der Bürgerschaft eine Debatte dazu haben auf eine Große Anfrage der Grünen, wie der Senat die Chancen und Risiken der Gen-Technik einschätzt, wie er zur Humangenetik insgesamt und zu ihren eugenischen Implikationen steht. Die Antwort auf unsere Anfrage liegt jetzt schriftlich vor, und es ist einfach erschreckend, wie ignorant die Bremer Behörde insbesondere gegenüber dem Problem der Humangenetik umgeht. Weil sie schlichterdings gesagt haben, sie lehnen die eugenischen Implikationen ab. Aber das ist so, wie wenn man für Atomtechnik ist, aber sagt: Die radioaktive Strahlung wollen wir nicht. Weiter überlegen wir jetzt, den Antrag nochmal in die Bür

gerschaft einzubringen, daß die Gelder, die hier in Bremen für den Ausbau der Humangenetik zur Verfügung gestellt werden, gestrichen werden sollen...

Ihr habt den Antrag schon mal eingebracht?

Wir haben den Antrag schon bei den letzten Haushaltsberatungen gestellt, daß 5 Mio. für den Ausbau des Zentrums für Humangenetik gestrichen werden sollen. Es hat keine breite Debatte darüber gegeben, was da eigentlich passiert. Dieser Antrag ist natürlich abgelehnt worden. Alle Fraktionen haben für den Ausbau gestimmt bis auf die Grünen. Warum sie diese 5 Millionen jetzt sofort auszahlen müssen, ist von der SPD begründet damit worden, daß in Osnabrück die Humangenetik doch jetzt auch erweitert wird und Bremen doch fürchterlich ins Hintertreffen ge

raten würde, wenn sie das jetzt nicht auch machen würden.

Wofür sind die Gelder inhaltlich bestimmt?

Helga Trüpel:Es geht darum, die Beratungskapazität, aber auch die Labormöglichkeiten, etwa für Fruchtwasser -Untersuchungen, auszudehen, dann um weitere Forschungen zur Arzeneimittel-Verträglichkeit. Es geht aber wohl inzwischen auch, das hat uns Leiter der Humangenetik in Bremen, Prof. Schloot, gesagt, um das Genom-Projekt der EG. Er hätte von der Behörde eine Aufforderung gekriegt, daß er sich bitte schön doch da mal bewerben sollte, um auch so an EG-Mittel heranzukommen.

Und Ihr wollt jetzt nochmal den Antrag auf Ablehnung des Ausbaus stellen?

Ja. Wir wollen, daß die Humangenetik nicht weiter ausgebaut

wird. Im Gegenteil: Wir zielen auf einen Ausstieg. Insbesondere wollen wir nicht, daß der Staat durch Finanzierung sein Interesse an erbgesundem Nachwuchs deutlich macht. Wir wollen auch, daß das Geld für etwas anderes zur Verfügung gestellt wird. Das ist noch in der Debatte in den Frauengruppen. Uns schwebt so etwas vor wie ein Techno-Informationszentrum, wo alle Informationen über pränatale Diagnostik und Humangenetik zusammenlaufen und Frauen sich jenseits der niedergelassenen Ärzte und Ärztinnen, die in einer bestimmten Richtung beraten, überhaupt mal kundig machen können. Und wir hoffen, daß wir auch so etwas hinbekommen wie: So wollen wir nicht leben, und diese Technologien wollen wir nicht in Anspruch nehmen. Interview: Uta Stoll

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