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Jagdszenen in Rudow

■ Rechtsradikale Skinheads prügelten am Wochenende einen Schüler krankenhausreif / Leucht- und Gaspistolen gegen linke Jugendliche / Nazistische Schmierereien in Reinickendorf

Zu regelrechten Jagdszenen von Skinheads auf Schüler der Neuköllner Albrecht-Dürer-Schule (ADO) kam es am vergangenen Wochenende in Rudow. Dabei wurde ein Schüler von den „Glatzen“ krankenhausreif geschlagen und vier Skins von der Polizei festgenommen. Der Betroffene hat inzwischen Anzeige wegen schwerer Körperverletzung erstattet und will sie so bald als möglich um „versuchten Totschlag“ erweitern.

Weitere fünf Männer und eine Frau wurden am Wochenende in Reinickendorf von der Polizei erwischt, als sie „Rotfront verrecke“ und Hakenkreuze an die Fassade des Postamtes am Zeltinger Platz schmierten. Die 18- bis 19jährigen wurden festgenommen, die Parolen zum Teil von Polizisten wieder beseitigt.

Zu den Prügelszenen in Rudow kam es am Freitag abend im Anschluß an eine Schülerfete. Als gegen 23 Uhr plötzlich 25 Skinheads unangemeldet auf der Party auftauchten, entschlossen sich rund 20 andere Gäste zu gehen, um Ärger zu vermeiden. Kaum hatten die Jugendlichen das Haus verlassen, rief ein Skinhead hinter ihnen her: „Das sind die linken Schweine vom ADO!“ Die Skins verfolgten die SchülerInnen daraufhin; einer schoß eine rote Leuchtkugel in die Luft. Nachdem rund die Hälfte der Schüler mit Autos nach Hause gefahren war, jagten die Skins den anderen Schülern, die mit U-Bahn oder Bus fahren wollten, hinterher. Ein Schüler wurde von den Skins mit einer Eisenstange auf den Kopf geschlagen, so daß er anschließend ins Krankenhaus gebracht werden mußte. Ein anderer Schüler entkam den Schlägern nur knapp. Eine weitere Schülerin wurde an diesem Abend von den Rechtsradikalen mit einer Gaspistole bedroht.

Nach Augenzeugenberichten trugen einige der Skinheads SS -Uniformen mit Totenkopfabzeichen am Kragenspiegel und Wehrmachtsmütze. Einige der Skins seien 30 Jahre alt und älter gewesen. Die Schüler waren weder bewaffnet noch haben sie die Skins provoziert: Sie sollten offenbar nur verprügelt werden, weil sie „Linke“ sind.

Die betroffenen Schüler übten gestern scharfe Kritik am Verhalten der Polizei. Nachdem eine Gruppe von Schülern eine halbe Stunde lang nachts durch Rudow gejagt worden war, versteckten sich die Schüler in einem Vorgarten und verständigten mit Hilfe des Hausbewohners die Polizei. Als diese nach rund 15 Minuten eintraf, baten die Schüler um Geleitschutz: Die Streifenpolizisten wollten die Verfolgten dann aber - ausgerechnet - am U-Bahnhof Rudow absetzen. Diese Haltestelle ist als Treffpunkt der Neuköllner Skinhead -Szene bekannt. Die Schüler weigerten sich, an dieser Stelle das Polizeifahrzeug zu verlassen. Nachdem die Beamten den ängstlichen Jugendlichen erklärte, sie seien „kein Fuhrunternehmen“, setzten sie die Schüler schließlich an einer Straße in der Nähe der U-Bahnstation Zwickauer Damm ab, obwohl sich dort schon wieder mehrere Skins versammelt hatten. Mit einem Taxi kam die Gruppe schließlich sicher nach Hause.

Ein Mädchen, das von drei Skins am Ausgangsort der Verfolgungen mit einer Gaspistole bedroht wurde, versuchte nach eigenen Angaben vergeblich, eine Polizeistreife um Hilfe zu bitten: Obwohl sie den Wagen anhielt und von den Vorfällen berichtete, wurde sie nicht aufgenommen. Sie entkam schließlich über den U-Bahnhof Zwickauer Damm, obwohl dort rund zehn Skins warteten.

Die betroffenen SchülerInnen des Albrecht-Dürer-Gymnasiums sind verängstigt und eingeschüchtert: Einen Tatsachenbericht über die Geschehnisse veröffentlichten sie ohne Unterschrift, der SFB sendete zwar ein Interview mit ihnen, ließ ihre Stimmen aber zuvor verfremden. Sie befürchten, daß mehrere Skinheads, die die ADO besuchen, nach den Osterferien „Rache“ für ihre vorübergehend festgenommenen Kumpels nehmen.

ccm

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