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„Spekulation nicht länger hinnehmen“

■ Erklärung zur Besetzung von leerstehenden Häusern und Wohnungen (Auszüge)

Wir haben heute, am 21.3.89, Frühlingsanfang, die Häuser Cuvrystr. 36, Adalbertstr. 76 und mehrere Wohnungen in der Reichenbergerstr. 133, Sorauerstr. 23, Köpenickerstr. 195a und Lübbenerstr. 27 besetzt. Die Adalberta 76 steht seit Jahren leer! Die haben sich heute Frauen genommen, die keine Lust mehr haben, noch Jahre vergeblich nach billigem Wohnraum zu suchen. Hier wie in der Köpenicker, Sorauer und zig anderen Häusern machen die Spekulanten mit Leerstand Profit. (...)

Unsere Besetzung richtet sich nicht gegen Menschen, die auf Wohnungen durch das Sozialamt angewiesen sind, nicht gegen MieterInnen. Ihnen Umsetzwohnungen wegzunehmen, liegt nicht in unserem Interesse. Unsere Aktion richtet sich gegen Wohnungsleerstand, Luxus- und Rausmodernisierung, Umstrukturierung hier im Kiez, Vermieterterror und Wohnungsnot.

Dagegen setzen wir jetzt die kollektive Aneignung dieser sechs Projekte, als einen Schritt für eine gemeinsame Organisierung unseres Alltags, gegen die Entfremdung und Isolation in Kleinstwohnungen. Wir machen diese Initiative jetzt nicht mit der Illusion, daß sich mit einem SPD/AL -Senat hier prinzipiell etwas für uns ändert. Rot-Grün ist nicht unser Ding. Klar ist auch für uns, daß sich die Häuserfrage in diesem Senat erstmal neu stellt, d.h. anstelle von brutaler Räumung werden sie vielleicht erstmal Integration und Befriedung, eben ihr Konzept, versuchen. Wir wollen diese Frage jetzt gar nicht weiter durchspekulieren, sondern sie durch unsere Initiative (die nicht die einzige ist!) praktisch stellen.

Aus der für uns jetzt günstigen Ausgangslage heraus, mit dem Wissen, wie wir's für uns wollen und daß sie mit ihren Integrationsmodelln a la S.T.E.R.N./Stattbau und Verein SO36 niemanden von uns mehr hintern Ofen hervorlocken können.

Aus dem Wissen heraus, daß wir auch mit einem rot-grünen Senat keinen Blumentopf gewinnen können, mit der Vorstellung, uns jetzt die Räume und Strukturen, die wir für eine Organisierung im Alltag, für ein Zusammenkommen mit vielen anderen Menschen brauchen, nehmen zu wollen und davon auch nicht mehr abzugehen. (...)

Eine Spaltung in Einzelzusagen oder sonstige Deals wird es mit uns nicht geben. Wir verlangen hier und jetzt Zusagen für alle sechs Projekte, Verträge für alle. Alles andere ist für uns inakzeptabel, kann nicht Basis von Verhandlung sein!

Solidarität im Häuserkampf! Wien, Zürich, Kopenhagen und überall! Revolutionäres Zentrum Leila Khaled bleibt!

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