: Sparkassen nach Europa'93 mit drei Mannschaften?
■ Hoffen auf stille Gesellschafter und McKinsey / Helaba - WestLB gescheitert
Boppard (dpa) - Die Sparkassen sind dabei, sich stärker als bisher am Boxkampf um die besten Positionen zu beteiligen, wenn es um den fliegenden Start in den EG-Binnenmarkt 1993 geht. Erstens wollen sie sich jetzt verstärkt mit der Hereinnahme stiller Gesellschafter neue Eigenkapitalquellen erschließen. Zweitens lassen sie ihre öffentlich-rechtliche Bankenlandschaft auf Herz und Nieren durch ein Beraterteam von McKinsey prüfen. Bis Jahresende soll das Rezept für den idealen und fitten Sparkassenkörper vorliegen.
Zwar existiert bereits seit zwei Jahren ein verbandsinternes Strukturpapier für den zweistufigen Verbund zwischen den 585 Sparkassen und ihren zehn Landesbanken im Bundesgebiet. Erwünscht ist dananch das Verschmelzen von Landesbanken zu größeren Blöcken sowie die Zusammenarbeit zwischen jeder Sparkasse und jeder Landesbank ungeachtet der Landesgrenzen. Außer einer regen und häufig öffentlich geführten Diskussion gibt es bisher keine greifbaren Ergebnisse. „McKinsey räumt mit den verbandsinternen Rücksichtnahmen auf“, hofft ein Sparkassenmann.
Hans Peter Linss, Chef der Bayerischen Landesbank, hält drei Landesbank-Blöcke jeweils im Norden, in der Mitte und im Süden der Republik für denkbar. Zum Süden zählt er die Standorte Mainz, Stuttgart und München. Im Norden haben sich Hannover und Bremen bereits formiert, während Kiel und vor allem Hamburg noch außen vor sind. In der Mitte kam die Achse Düsseldorf - Frankfurt zunächst am besten voran und liegt derzeit wegen des Ausstiegs des Landes Hessen als Eigner der Hessischen Landesbank (Helaba) auf Eis. Eine Fusion zwischen der mächtigen Westdeutschen Landesbank (WestLB/Düsseldorf) und der Helaba (Frankfurt) ist für Linss inzwischen „sehr unwahrscheinlich“ geworden. Den Ausstieg des Landes kann der bayerische Bankier weder verstehen noch gutheißen.
Wer mit wem kann, ist im öffentlich-rechtlichen Bankenwesen vor allem auch eine politische Angelegenheit. So ist das Land in Hamburg alleiniger Besitzer der Landesbank, während in Stuttgart die Sparkassen zu 100 Prozent das Sagen haben. Bei den übrigen Landesbanken teilen sich das Land und die Sparkassen die Haftung. Die vom Verband vorgeschlagene Hereinnahme von stillen Gesellschaftern und privatem Kapital - um die künftigen Europanormen zu erfüllen - stößt schon auf Mißtrauen. Beispielsweise befürchten die Bayern selbst bei der Beschränkung auf 25 Prozent Privatkapital die Einflußnahme der neuen Gesellschafter.
Sparkassenpräsident Helmut Geiger erkennt mit Blick in die Zukunft die Begehrlichkeit der Wettbewerber. Nach seiner Ansicht sind die Sparkassen wegen ihres dominierenden Marktanteils im Geschäft mit privaten Kunden „ganz besonders gefährdet“.
Stärke und Schwäche der Institute zwischen Flensburg und Konstanz bleibt die dezentrale Organisation. Während die Entscheidungen der Großbankkonzerne von oben schnell und verschwiegen greifen, werden die Dinge im Sparkassenbereich oft zerredet oder von unterschiedlichen Interessen aufgerieben. Ein Beispiel ist die geplante Übernahme der Versicherungsgruppe Volksfürsorge, die im Vorfeld der Beratungen scheiterte.
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