: Begehrliche Blicke auf Bau
■ Mindestens acht InteressentInnen woll(t)en Nachmieter im Schulgebäude „Leibnizplatz“ werden / Zweijähriges Gerangel wird im April entschieden
Nicht nur der private Wohnungsmarkt hat seine Engpässe. Auch auf dem öffentlichen Gebäudesektor stehen bei attraktiver Wohnlage NachmieterInnen Schlange: So geschehen in der Bremer Neustadt, wo um das backsteinrote Schulgebäude am Leibnizplatz seit zwei Jahren „AnschlußnutzerInnen“ rangeln und zerren. Ein hochrangiges Gremien mit vier Senatsdirektoren soll bis zum 4. April die nun
mehr endgültige Version des Behördenraumkonzeptes erstreiten.
Die derzeitigen AnrainerInnen vom „Leibnizplatz“, 377 GymnasiastInnen'werden bereits in wenigen Monaten, zum 1.8.89, in das Sek.II-Zentrum Delmestraße „räumlich verlagert“. Ihre bisherigen Mit-BewohnerInnen von der Bremer Shakespeare-Company warten auf diesen Abgang, um die triste Pausenhalle der Schule für ihr Theaterpublikum „in etwas Foyer-Ähnliches zu verwandeln“. Auch auf zwei Musiksäle hat es die Company abgesehen. Schauspielerin Hille Darjes stellt sich hier eine „Kneipe mit leckerem Essen“ vor, in der auch aus Märchenoder aus der Odyssee vorgelesen werden kann. Ähnliche vergleichsweise bescheidene Pläne, die sich ebenfalls nur auf Teile des freiwerdenen Schulgebäudes beziehen, hegt der Landessportbund, der bereits den Sport und den Bildungssenator eingespannt hat. Direktor Kauer: „Die Turnhalle Leibnizplatz müsen wir weiternutzen. Überall wird an unseren Hallen genagt. Die in der Schule Dechanatstraße hat uns der Wissenschaftssenator schon weggenommen. Und wir müssen für 170.000 eingeschriebene Mitglieder Sportstätten vorhalten.“
Weniger an eine sportliche, als an eine kulturelle Nutzung des Gebäudes haben außer der Shakespeare Company auch das Schnürschuh- und das Moks-Theater gedacht. Doch die letzteren beiden gaben das Rennen mittlerweile auf. Ein Schnürschuh-The
ater-Macher: „Wär ne super Sache gewesen, hätten uns gegenseitig befruchten können. Wir haben's versucht. Aber wir haben langsam die Nase voll, immer zu kämpfen. Wir müssen auch arbeiten.“
Ebenfalls aufgegeben hat die „Hochschule Bremen“. Für sie läge der Leibnizplatz „genau mittendrin, hervorragend“ zwischen zwei Standorten. Sie wollte den Fachbereich Sozialwesen dort unterbringen. Doch, so der Kanzler, „eine starke Ablehnungsfront“ in den Behörden habe ihn bereits vor einem Jahr von diesen Plänen Abstand nehmen lassen. Ebenfalls aufgegeben hat die Volkshochschule, die auch ihre „räumliche Beengtheit“ ins Feld führte: Nur noch ein Drittel ihrer MitarbeiterInnen und nur ein einziger Unterrichtsraum
-im Keller mit vergitterten Fenstern
habe Platz im Schwachhauser Zentralgebäude. Doch, so der kommissarische Direktor Bruns: „Andere waren stärker.“
Im Rennen sind jetzt nur noch zwei „stärkere“ AspirantInnen: Erstens das Amt für Soziale Dienste Süd, das „aus allen Nähten platzt“, weil die Zahl der SozialhilfeempfängerInnen unerbittlich steigt und weil bald raumnehmende Computer eingeführt werden. Zweitens die Erwachsenenschule, derzeit auf drei innerstädtische Standorte „zersplittert“. Allerdings gibt es auch einen lachenden Dritten: Das „Aus- und Fortbildungszentrum“, daß seit 1986 auf den Leibnizplatz spekuliert, sich zwischenzeitlich aber mit seinem Übergangswohnort „Berufsbildungszentrum“ so angefreundet hat, daß es einen weiteren Umzug inzwischen dankend ablehnt.
B.D.
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