Konterrevolution gestoppt

■ „Konterrevolutionäre“ besetzten Haus in der Potsdamer Straße / Rot-grüne Polizei war sofort zur Stelle / BesetzerInnen aus den Reihen der staatsbewußten Schwabenfront

Irgendwie komisch klang das alles, als sich gestern gegen Mittag etwa ein Dutzend BesetzerInnen aus der Potsdamer Straße 147 meldeten. „Für eine kraftvolle konterrevolutionäre Bewegung“ hatten sie das Haus betreten. Ihr Ziel: Aufbau des Konterrevolutionären Zentrums Berlin (KrZB) in ihrem „Klaus-Rüdiger-Landowsky-Haus“. „Seit Tagen keinerlei Bautätigkeit“ war den schwer empörten BesetzerInnen in dem Haus aufgefallen. Die zwecks Sanierung ausgehöhlte Mauerhülle eines Altneubaus aus den sechziger Jahren fanden die Konterrevolutionäre „optimal“ geeignet für ihr „nach allen Seiten offenes Kulturzentrum“. Anders als die BesetzerInnen der Fabrik in der Fraunhoferstraße, die von ihrem „Revolutionären Zentrum“ aus „Rot-Grün zerschlagen, mit der DGB-Jugend feiern“ wollen, ging es den Potse-BesetzerInnen darum, „Rot-Grün zu zerschlagen, mit der Jungen Union zu feiern“.

Um 11.30 Uhr startete die Aktion, eine halbe Stunde später traf die rot-grün-beigefarbene Polizei ein und hängte die Transparente ab. Die BesetzerInnen hatten das Gebäude bereits verlassen, vermutlich aus dem „tiefen Rechtsbewußtsein und Demokratieverständnis“ (Flugblatt -Text), das sie beseelte. Nun muß nicht nur „die Stärkung und Vernetzung außerparlamentarischer Initiativen - wie die Konrad-Adenauer-Stiftung und die Fischer-Chöre“ - warten, die in dem Counter-Zentrum geplant war, auch Steffi Graf kommt vorerst nicht zum Zuge. Das Besetzer-Flugblatt hatte die Tennisspielerin als Vermittlerin vorgeschlagen vorausgesetzt, der „alternativ-sozialistische Senat“ sei zuvor bereit, einige rückwärtsweisende Forderungen zu erfüllen. Beispiele: „Amnestie und Rehabilitation der Kämpfer für eine unbürokratische Bauwirtschaft (W. Antes und O. Schwanz); Abschaffung des Bargeldes, flächendeckende Einführung von Kreditkarten; sofortige Einstellung der Gesinnungsschnüffelei bei aufrechten Demokraten und Patrioten (REPs, Skinheads u.a.); lückenlose Überwachung der gesamten Regierung durch den Verfassungsschutz“.

Der Schöneberger Kreisverband der Jungen Union war es offensichtlich nicht, der hier sein „Widerstandsrecht“ in Anspruch genommen hatte. War es einmal mehr die gelangweilte „württembergische Landjugend“, die der Ostertourismus in ein leerstehendes Haus verschlagen hatte - so, wie das der SPD -Abgeordnete Hajo Kohl den BesetzerInnen der letzten Tage unterstellte? Württembergische Landjugend? „Klar“, sagte ein Besetzer zur taz, „wir sind die staatsbewußte Schwabenfront“. Aber auch das kann einfach nicht stimmen. Der junge Mann sprach, man hörte und staunte, hochdeutsch.

hmt