: Momper: Süssmuth soll vermitteln
■ Im Hungerstreik der RAF-Gefangenen schlägt Berlins Regierender Bürgermeister Rita Süssmuth und Jürgen Schmude als Vermittler vor / Staatssekretär Kinkel bei Brigitte Mohnhaupt ohne konkrete Angebote...
Berlin/Hannover/Düsseldorf (taz) - Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) und der Präses der Evangelischen Kirche Deutschlands und frühere Bundesjustizminister Jürgen Schmude (SPD) sollen zwischen den hungerstreikenden Gefangenen der RAF und anderer militanter Gruppen einerseits und den Bundesländern andererseits vermitteln. Diesen Vorschlag unterbreiteten gestern Berlins Regierender Bürgermeister Walter Momper und Justizsenatorin Jutta Limbach.
Damit solle die „gegenseitige Blockade“ zwischen dem Staat und den Gefangenen durchbrochen werden, sagte Momper. Die vorgeschlagenen Persönlichkeiten seien „gut geeignet“, auf beiden Seiten eine Vertrauensbasis zu schaffen und den Hungerstreik gleichzeitig aus dem Parteienstreit herauszuhalten.
In gleichlautenden Schreiben an Süssmuth und Schmude bittet der Regierende Bürgermeister, „Möglichkeiten für eine befriedigende Regelung mit beiden Seiten zu erörtern“. Jürgen Schmude hat seine Bereitschaft zur Vermittlung nach den Worten Mompers bereits signalisiert. Rita Süssmuth konnte wegen eines Auslandsaufenthalts noch nicht gefragt werden. Justizsenatorin Jutta Limbach kündigte außerdem ein Treffen der Länderjustizminister noch in dieser Woche an. Termin und Ort wollte sie noch nicht nennen.
Die Chance, „jetzt durch eine besonnene Reaktion im Geist der Liberalität endlich die Spirale der Gewalt zu durchbrechen“, sei so groß wie nie, meinte Momper. Die Haftbedingungen der Gefangenen müßten „so normalisiert werden, daß sie einerseits den berechtigten Sicherheitsbedürfnissen Rechnung tragen, andererseits den Gefangenen aber die Möglichkeit zur Einsicht und Umkehr bieten“. Ob diese Formulierung eine Zusammenlegung in mehr oder weniger große Gruppen einschließen könne, wollte Momper nicht sagen. Es gehöre zum „Wesen von Vermittlung, die eigenen Positionen nicht vorher darzu stellen“.
Jutta Limbach bezog sich in ihrer Stellungnahme auch auf den sogenannten Osterappell prominenter Persönlichkeiten. Er habe einen gesellschaftlichen Dialog in Gang gebracht. Fortsetzung auf Seite 2
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Hungerstreik...
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Die Justizminister der Länder müßten neu nachdenken und eine „größere Variationsbreite“ in ihren Überlegungen zulassen.
Zum ersten Gespräch zwischen einem Vertreter der Bundesregierung und den Gefangenen im Hungerstreik ist der Staatssekretär im Bundesjustizministerium Klaus Kinkel am Dienstag mit leeren Händen bei Brigitte Mohnhaupt erschienen. Kinkel, der für die Bundesregierung diesen ersten Gesprächskontakt gesucht hatte, unterbreitete bei seinem zweistündigen Treffen mit Brigitte Mohnhaupt keinerlei Angebote zur Zusammenlegung. Über den Inhalt des Gesprächs in der JVA Aichach ist von beiden Seiten Vertraulichkeit vereinbart worden. Der ebenfalls anwesende Rechtsanwalt von Brigitte Mohnhaupt, Dieter Adler, kommentierte: „Über das Gespräch gibt es nichts zu erzählen, weil von der Bundesregierung exakt nichts angeboten worden ist.“
Das Bundesjustizministerium in Bonn setzte gestern nach 57 Tagen Hungerstreik seine Linie des „Totschweigens“ fort. Hinter das Bemühen um eine Lösung im Hungestreik müsse das Informationsinteresse der Öffentlichkeit zurücktreten, erklärte der Sprecher des Bundesjustizministeriums. Deswegen könne er auch ein Gespräch zwischen Kinkel und Frau Mohnhaupt weder bestätigen noch dementieren.
In dem Gespräch in der JVA Aichach hat Staatssekretär Kinkel den Eindruck vermittelt, daß er auch im Namen aller Länder-Justizminister spreche. Das Gespräch sollte offenbar lediglich den Gefangenen noch einmal die harte Linie der Bundesregierung verdeutlichen. Der Staatssekretär wollte unter Hinweis auf eine angeblich fehlende öffentliche Resonanz des Hungerstreiks die Ge
fangenen zum Abbruch überreden.
Der Rechtsanwalt von Brigitte Mohnhaupt hat gestern noch einmal erklärt, daß es den Gefangenen nicht darum ginge „den Staat in die Knie zu zwingen“. Ziel des Hungerstreiks, so sagte Rechtsanwalt Adler gestern, sei die Zusammenlegung in zwei große Gruppen. Wenn diese Zusammenlegung den Gefangenen in einer Vereinbarung oder auch mündlich im Beisein von entsprechenden prominenten Zeugen zugesichert würde, könne der Hungerstreik ausgesetzt werden.
In Bonn wurde bekannt, daß Innenminister Zimmermann (CSU) und Justizminister Engelhard (FDP) bereits vor knapp zwei Wochen über den Hungerstreik gesprochen haben. Engelhard sei vom Ernst der Hungerstreikenden überzeugt.
Rau für Zusammenlegung
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Rau hat nach Informationen der taz keine grundsätzlichen Bedenken mehr gegen die Zusammenlegung in mehrere größere Gruppen. Rau befinde sich „auf der Linie in Richtung größere Gruppen“, hieß es aus zuverlässiger Quelle in Düsseldorf. Bestärkt wird er dabei offenbar von Innenminister Schnoor, während Justizminister Rolf Krumsiek nach wie vor jede Form der Zusammenlegung ablehnt. Ein Loslösungsprozeß von
der RAF setzt laut Krumsiek die Trennung der 129a -Gefangenen, die „Befreiung von dem Gruppendruck“ voraus. Rau geht zu dieser Position intern auf Distanz. Er will zusammen mit den Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bayern und Berlin in den nächsten Tagen offenbar Gespräche mit der Gruppe um Antje Vollmer aufnehmen.
Unterdessen stellt sich Justizminister Krumsiek weiterhin stur. Während eines einstündigen Gesprächs mit der Schwester von Christa Eckes und den Müttern von Adelheit Schulz, Rolf -Clemens Wagner und Erik Prauss blieb er gestern in Düsseldorf beinhart. Der Minister habe „keinerlei Bewegung“ gezeigt, sagte Heidi Eckes nach dem Gespräch der taz. Etwa ein Dutzend Angehörige der Gefangenen waren zum Justizministerium gezogen, um dort „solange zu bleiben, bis sich etwas bewegt“. Zu ihrer eigenen Überraschung kam der im Haus anwesende Krumsiek der Forderung nach einem Gespräch innerhalb von 15 Minuten nach. Ein direkt vor dem Ministerium aufgebautes Zelt zeugt von dem Willen der Angehörigen, den Platz so schnell nicht wieder zu verlassen. Auf Flugblättern wird Krumsiek aufgefordert, sich für die Erfüllung der Forderungen der Gefangenen einzusetzen.
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