: Bayern tobt wegen Momper-Initiative
Rita Süssmuth grundsätzlich zur Vermittlung im RAF-Hungerstreik bereit / Bayerische Justizministerin sagt kategorisch Nein zu Mompers Vorschlag / Zustimmende Signale aus Nordrhein-Westfalen / Pohl-Anwalt meldet Bedenken gegen Vermittler Schmude an ■ Von Rosenkranz/Jakobs
Berlin (taz) - Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth hat sich „grundsätzlich“ bereiterklärt, zwischen den Justizbehörden der Länder und den hungerstreikenden Gefangenen der RAF und anderer militanter Gruppen zu vermitteln. Ähnlich zustimmend hatte sich der Präses der Evangelischen Kirche, Jürgen Schmude, bereits am Mittwoch geäußert. Frau Süssmuth macht allerdings ihre Bereitschaft indirekt von einem entsprechenden Vermittlungsauftrag der verantwortlichen Justizminister von Bund und Ländern abhängig. „Ein solcher Auftrag liegt bislang nicht vor“, heißt es in einer Presseerklärung des Bundestages.
Ob es zu einem gemeinsamen Vermittlungsauftrag aller Länder kommen wird, ist allerdings ungewisser denn je. Die bayerische Justizministerin Mathilde Berghofer-Weichner reagierte auf den Vorstoß von Berlins Regierendem Bürgermeister Momper mit einem knallharten Nein. Für Bayern komme „eine Zusammenlegung terroristischer Gewalttäter in Berlin ebensowenig in Betracht wie eine Teilnahme an der von Momper vorgeschlagenen Besprechung der Justizminister“, erklärte die CSU-Politikerin. Momper versuche mit „spektakulären Alleingängen unter dem Druck des grünen Koalitionspartners, bundesweit grüne und RAF-Forderungen durchzusetzen“.
Dagegen würde es die nordrhein-westfälische Landesregierung „begrüßen“, wenn die Momper-Initiative „Erfolg hätte“. Wie der Chef der Düsseldorfer Staatskanzlei, Wolfgang Clement, gestern zu erkennen gab, ist die Landesregierung offenbar gewillt, die bei einer Vermittlung gefundenen Lösungsvorschläge zu übernehmen. Clement wörtlich: „Wir haben absolutes Vertrauen zu diesen beiden Persönlichkeiten.“ Ob die Landesregierung auch einer Zusammenlegung in mehrere Gruppen zustimmen würde, ließ Clement offen. Er wolle die Vermittlung nicht durch spekulative öffentliche Erörterungen belasten, sagte der Staatssekretär. Wie die taz aus zuverlässiger Quelle erfuhr, hat Ministerpräsident Rau - im Gegensatz zu seinem Justizminister Krumsiek - gegen eine Zusammenlegung in Gruppen inzwischen keine grundsätzlichen Bedenken mehr. Fortsetzung und Interview
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Momper hatte sich noch am Mittwoch abend in der ARD-Sendung „Brennpunkt“ bereiterklärt, die Zusammenlegung inhaftierter RAF-Gefangener in Berlin zu akzeptieren. In einer nachgeschobenen Presseerklärung ließ der Regierende Bürgermeister gestern erklären, „alle Bundesländer“ seien nunmehr gefordert, „unverzüglich den Rahmen für die Vermittlungstätigkeit der beiden vorgeschlagenen Vermittler zu bestimmen“. Die Länder müßten selbstverständlich „das Ergebnis der Vermittlungsbemühungen dann auch mit allen Konsequenzen akzeptieren“.
Eine Stellungnahme der Gefangenen zu dem Momper-Vorstoß war gestern noch nicht zu erhalten. Johannes Pausch, Anwalt von Helmut Pohl, bekräftigte die Verhandlungsbereitschaft der Gefangenen, wenn
daran keine Bedingungen geknüpft seien. Bedenken meldete Pausch allerdings gegen den Vermittler Jürgen Schmude an, der während des Hungerstreiks von 1981 als Bundesjustizminister Verantwortung trug (siehe Interview Seite 2).
Unterdessen hüllt sich die Karlsruher Bundesanwaltschaft weiter in eisernes (und eisiges) Schweigen. Man werde zum Thema Hungerstreik „im Moment“ nichts sagen, hieß es gestern im Hause Rebmann.
Die etwa zwei Dutzend Angehörigen der politischen Gefangenen, die seit Mittwoch das Düsseldorfer Justizministerium „belagern“, setzen ihre Aktion fort. Sie wollen ihre Zelte und Transparente vor dem Ministerium erst dann abbauen, „wenn sich etwas bewegt“. Gestern wurde bekannt, daß sich am Mittwoch neben Irmgard Möller, Hanna Krabbe und Ingrid Barabass außerdem die in Aichach inhaftierte Claudia Wannersdorfer dem Hungerstreik angeschlossen hat. Sie gehört zu jenen
vier Gefangenen, deren Freilassung wegen Haftunfähigkeit mit dem Hungerstreik ebenfalls erreicht werden soll.
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