„Mein Boxer, der macht nicht auf Beton“

■ Für die Herrchen und Frauchen der Berliner Hunde brechen ab heute schwere Zeiten an / Das vorsätzliche Scheißen der Köter auf den Bürgersteig wird mit Geldbußen bis zu 1.000 Mark geahndet

Wenn Pfiffi mal Gassi muß, kann das jetzt für Herrchen ein teures Vergnügen werden. Ab heute darf die Polizei Hundehaufen nämlich mit Bußgeld belegen. 200 Mark muß berappen, wer seinen Hund „vorsätzlich“ die Straße verunreinigen läßt. Wem lediglich die Plastiktüten zum Abtransport der klebrig-weichen Masse ausgegangen sind, handelt nach den Vorgaben des Straßenreinigungsgesetzes dagegen nur „fahrlässig“ und ist mit 100 Mark dabei. Wiederholungstäter müssen mit Bußgeldern bis zu 1.000 Mark rechnen. Ausgenommen von der neuen Hundekotverordnung sind laut Angaben des Sprechers der Innenverwaltung, Werner Throniker, nur Blindenhunde.

Gut steht jetzt da, wer sich rechtzeitig mit dem „Doggietoilet„-Set ausgestattet hat. „Das Ganze ist handlich und paßt in jede Handtasche“, heißt es dazu im „Hundesalon Wilmersdorf“. 9,90 Mark kostet „Doggietoilet“ mit Abrißrolle und reicht für 20 große und kleine Geschäfte. Bei rund 100.000 Hunden in Berlin, die täglich zirka 20 Tonnen Kot produzieren, tun sich da enorme Absatzchancen auf. Einfach Scheiße finden dagegen organisierte Hundehalter, was da auf sie zukommt. Als die Verschärfung des Straßenreinigungsgesetzes im letzten Sommer vom Berliner Senat verabschiedet wurde, häuften sich die Proteste der selbsternannten Hundefreunde. „Wir sind arg enttäuscht, daß uns die Koalition uns die 50 Zentimeter am Rinnstein weggenommen hat“, erklärt Joachim Grosse vom Verband für das Deutsche Hundewesen. Im übrigen sei das mit dem Hundekot auch Erziehungssache. „Meinem Boxer können die Augen aus dem Kopf quellen, der macht nicht auf Beton.“ „Aber denken Sie mal an die älteren Damen mit den kleinen Hunden. Das ist Diskriminierung von Minderheiten“, beschwert sich Grosse.

Wer die unliebsame Hinterlassenschaft seines Vierbeiners unauffällig im nächsten Papierkorb verschwinden lassen will, hat nicht mit der Berliner Stadtreinigung gerechnet. „Ekelerregende Abfälle“ dürfen nämlich laut Verordnung nicht in die orangefarbenen Metallbehälter wandern. Im Hausmüll sind sie wiederum gestattet. Außerdem hat die BSR in den letzten Tagen rund 300 spezielle „Hundekotkontainer“ für unterwegs installieren lassen. Am glücklichsten über die neue Verordnung sind wahrscheinlich die 900 Berliner Straßenkehrer. „Sie können sich vorstellen, was das für Probleme gab“, hieß es gestern bei der BSR. „Unsere Straßenkehrer werden angemacht, wenn sie das Zeug nicht wegmachen. Aber wie soll das gehen, wenn alles noch frisch ist?“

Ob dem Bürger der Tritt in die „Tretminen“ fortan erspart bleibt, hängt nicht zuletzt von den Gesetzeshütern ab. Daß die Beamten dazu wenig Neigung verspüren, war schon bei der Verabschiedung des Gesetzes offenkundig geworden. Ein Polizeisprecher versicherte zwar auf Nachfrage, daß diese Ordungswidrigkeit genauso verfolgt werde wie alle anderen auch, schätze die Erfolgsaussichten jedoch nicht besonders rosig ein: Es müsse schon ein großer Zufall ein, daß der Beamte den Hund beim Verrichten der Notdurft ertappe und dabei auch noch das Herrchen antreffe. Und auf das Ansetzen von Observations- und Fahndungstrupps auf die Hundehalter wolle die Polizei dann doch verzichten, witzelte der Pressesprecher. „Die Kollegen sind nicht begeistert, daß es bei ihnen hängenbleibt“, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Burkhard von Walsleben, nach der Stimmung innerhalb der Beamtenschaft befragt.

Insbesondere für rund 150 Hundeführer in der Polizei sei das neue Gestz ein großes Problem, weil sie jetzt ein Vorbild sein müßten. Die Beamten malten sich jetzt schon aus, wie sie unter den Argusaugen der Passanten daß Häuflein ihrer Hunde aufsammeln müßten. Vorgestellt werde sich, daß die Bürger dem Beamten die Aushändigung ihres Personalausweises mit der Begründung verweigern könnten, er solle sich erst mal die Hände waschen.

-guth/plu