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ZEHN AUF EINEN STREICH

■ Eine weitere Selbsthilfegalerie von Meisterschülern

„Wenn wir es schon schwer haben, Eingang in bestehende Galerien zu finden, dann müssen wir uns eben selbst behelfen“ ist der Grund für das Zustandekommen von immer mehr Orten, an denen sich Künstlerinnen und Künstler zusammenzuschließen, um ein wenig mehr Öffentlichkeit zu bekommen.

Im letzten Fall von sechs Künstlerinnen und vier Künstlern ergab sich die Möglichkeit durch Hilfe eines Stipendiums der Karl-Hofer-Gesellschaft, die in der Konsequenz dafür sorgte, daß ein Maler sein Atelier nun anderen Künstlern als Ausstellungsraum zur Verfügung stellen konnte.

Diese haben zur Eröffnung ohne gegenseitige Einflußnahme ein bis zwei Werke in die kleine ZweizimmerofenheizungsInnenklowohnung getragen und dort ohne Probleme aufgehängt und gestellt.

Dieses Kollektiv von Freunden, das sich auf der Hochschule am Fachbereich 6 gefunden hat, zeigt in seiner Gemeinschaftsausstellung, die Auftakt für zehn Einzelausstellungen ist, Gegensätze und Affinitäten, die anderenorts so kaum zu haben wären.

Nebeneinander hängen dort eine Serie von „Vulkan„ -Zeichnungen von Renate Treptow und das Ölbild „Kopf“ von Karl-Ludwig Lange. Sind die Vulkane als feuerspuckende, bedrohliche Strichlandschaften geeignet, zum Angstabbau vor der Natur beizutragen, was auf die Inanspruchnahme der gebrauchten, benutzten Unterlagen aus gefalteten Pappen zurückzuführen ist, flößt einem der „Kopf“ von Karl-Ludwig Lange eben diese Angst ein, wenn sich aus dem pastellfarbenen Untergrund ein Gesicht herausschält, das man nicht sehen kann.

Und trotzdem ist gerade dieses Bild von einem Kopf das fertigste Bild, während andere wie die „Sie“ von Marlies Räderscheidt noch vom unvollendeten Experiment lebt, das anziehend wie abstoßend ist, weil sich der Konflikt ergibt, ob frau das darf, was man nicht sollte? Eine Frau in dieser Rolle darzustellen als Hingeworfene, als Ausgelieferte, als Mensch, der seine Rolle im Klischee findet.

Die Herren der Schöpfung halten sich innerhalb der ZEHN zurück. Man hat sich hier zurückgezogen auf das alte Spiel mit geometrischen Reihen und Bauklötzchen, die die Welt erklärbar halten. Sie sind hübsch und recht uninteressant, wenn man nicht eine Ader in sich hat, in der die Bemühung nach Ordnung fließt. Das trifft sowohl auf das Acrylbild von Andreas Dittrich zu, der weiße und schwarze Dreiecke zu Quadraten werden läßt, wie auch auf Stefan Adler, der sich begnügt mit der ordentlichen Bemalung zweier aussortierter Metallregalböden.

Ob sich die Investition der ZEHN von 150 Mark, die sie jeweils für ihre Einzelausstellung ausgeben müssen, letztendlich auszahlen wird, bleibt abzuwarten. Ihre biographischen Angaben werden auf jeden Fall um eine Ausstellung größer. Ob es sich wirklich lohnt, den Kunstmarkt zu umgehen oder sich ihm als Korrektiv nicht auszusetzen, wird sich individuell zeigen.

Qpferdach

Die Gemeinschaftsausstellung in der Kreuzbergstr.9, Seitenflügel, 2.Aufgang, 2.Stock ist Fr, Sa, So zwischen 16 und 20 Uhr zu besichtigen.

Die erste Einzelausstellung bestreitet vom 14.-23.4. Andreas Dittrich

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