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Politische Abteilung abgeblitzt

■ P-Abteilung der Staatsanwaltschaft wollte Geldstrafe durch Haftstrafe für Verunglimpfung von Polizisten ersetzen lassen

Noch kurz bevor sie laut Koalitionsvereinbarungen aufgelöst werden soll, machte die politische Abteilung der Staatsanwaltschaft noch einmal negativ von sich reden. Bei einem wahrlich beispielhaften Fall für das Agieren einer Institution, der von Kritikern schon längst nachgesagt wird, sie betreibe hauptsächlich Beschäftigungstherapie, scheint sie noch einmal allen Kritikern beweisen zu wollen, wie recht sie haben.

Die P-Abteilung hatte versucht, die Haftstrafe eines Gefangenen zu erhöhen, weil er in einem Brief tote Polizisten verunglimpft hatte. Die politische Staatsanwaltschaft wollte nun in einem Berufungsverfahren statt einer Geldstrafe von 80 DM die Haftstrafe des Gefangenen um sechs Monate verlängern.

Das Gericht lehnte das staatsanwaltliche Begehren ab und gab den Staatsanwälten noch einen Rat und eine Rüge mit auf den Weg: Es sei wohl sinnvoller, „anderen Vorgängen mehr Aufmerksamkeit zu widmen“.

Der Gefangene war in einer anderen Angelegenheit zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt worden. Bereits in Haft, schrieb er an einen Freund anläßlich des Todes der zwei Polizisten während einer Startbahn-West-Demonstration, Demonstranten hätten „endlich mal“ Pistolen gezogen „und es den Bullenschweinen gegeben.“ Der Brief an den ebenfalls einsitzenden Freund geriet in die Hände der anstaltlichen Postkontrolleure.

Die informierte Staatsanwaltschaft scheute allerdings nicht davor zurück, mit der Sensibilität eines Nilpferdes die Angehörigen der beiden getöteten Polizeibeamten vom Inhalt des Briefes zu unterrichten und ihnen einen Strafantrag nahe zu legen. Die Verwandten winkten jedoch ab. Sie wollten vor allen Dingen in Ruhe gelassen und nicht ständig an den Tod ihrer Angehörigen erinnert werden.

Der Brief sei ja schließlich auch nicht an die Familienmitglieder gerichtet gewesen, sondern die Sätze hätten in einer vertraulichen Mitteilung an einen Freund gestanden, wandte der Richter ein. Wenn es nicht die Postkontrolle in der Haft gegeben hätte, wären die beanstandeten Sätze nie strafrechtlich relevant geworden.

In der ersten Instanz, die erst ein Jahr nach dem Brief die Äußerungen verhandelte, hatte das Schöffengericht aus der Geldstrafe zwei zusätzliche Wochen Haft gemacht, indem sie die Geldstrafe in die Freiheitsstrafe miteinbezog. Dieses Urteil ist mit der jetzigen Entscheidung bestätigt worden.

RiHe

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