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Frau Gregor und Mann

■ Berliner Filmluft in der Bremer Arbeiterkammer: Originalfassung, ohne Untertitel

Was war denn das jetzt bloß? In einem netten, kleinen Kämmerchen der Angestelltenkammer saßen etwa fünfzehn Bremer Kommunalkino-Filmbüro-Initiative Filmkultur-Leutchen um einen Tisch und lauschten, weitgehend stumm, den Filmkunst -Förderungspolitik-Erfahrungen des Ulrich Gregor aus der großen, großen Stadt Berlin.

Halt - das ist auch schon falsch: Ulrich Gregors Besuch war in der Presse angekündigt, und Ulrich Gregor ist ja auch bekannt: als Leiter des „Forums des Internationalen Films“ der Berlinale, als Mitbegründer der Zeitschrift „Filmkritik“, als Autor filmhistorischer Bücher, mit Enno Patalas gemeinsam verfaßt, als..., als...

Kein Wort aber in den Ankündigungen über seine Frau: Die gilt offenbar - es ist ja immer noch bis zum Erbrechen üblich - als Anhängsel, nicht nennenswert: die Frau vom Ehemann. Sie allerdings war es - neben ihrem verdienstvollen, aber ein bißchen drögen Gatten -, die das Gespräch bestritt, die zu erzählen wußte, süffisant und humorvoll, kompetent und erfahren, mit mindestens so vielen Wassern gewaschen wie der Hochberühmte.

Wenn sie nicht gewesen wäre - man hätte an der unvorbereiteten, im Trüben stochernden Veranstaltung ganz verzweifeln müssen.

Die Bremer Filmcrew: Geldlos und resigniert - was ja durchaus verständlich ist, aber auch ziemlich ideenlos. Ums „Filmhaus“ ging es unter anderem, das in Berlin bisher auch nur im Planungsstadium existiert, dessen Initiative hier in Bremen aber der

rechte Impetus zu fehlen scheint.

Frau Gregor und ihr Mann versuchten, die Bremer aus ihrem Arme-Leute-Schmollwinkel herauszulocken. Sie stellten Fragen, die sich anscheinend im resignierten Bremer „wirkriegenjadochnichts„-Gefühl gar nicht mehr stellen.

Zum Beispiel: Ob man sich nicht entscheiden müsse, welche Art Förderung oder Sponsorschaft man anstrebt: die wirtschaftlich oder die kulturell begründete. Die wirtschaftliche sei erfolgversprechender, sagten die Gregors aus Erfahrung. Darum müsse man sich auch überlegen, was man in einem Filmhaus Lukratives machen, wie man es nutzen könne, über eine Stätte der Diskussionen und des Erfahrungsaustausches hinaus.

„Was würde denn hier in einem Bremer Filmhaus florieren, wenn man einmal davon absieht, was es kostet? “ fragte Frau Gregors Mann. Ja, darüber hatte man sich wohl noch keine Gedanken gemacht.

Die machte sich dafür Frau Gregor: Sie schlug eine Untertitelungswerkstatt vor, weil es derzeit nirgends eine gute gibt. Ratloses Bremer Schweigen, bis sich eine der Initiatorinnen - Typ: mächtig enthusiastisch - gestenreich darüber ausließ, daß bei nicht-synchronisierten Filmen immer die Hälfte des Publikums begeistert wäre, die andere Hälfte sauer. Naja, wenn man so wenig filmästhetisch denkt, ist es nicht sehr verwunderlich, daß aus der Informations- oder wie die Veranstaltung auch immer heißen sollte, etwas so Kämmerlich-Kümmerliches wurde.

Sybille Simon-Zülch

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