: Kern des Brady-Planes abgelehnt
Finanzminister der G-7 zur Schuldenreduzierung: Weder Zuschüsse noch Garantien von IWF oder Weltbank ■ Von Ulli Kulke
Eines hat der US-Finanzminister Nicholas Brady auf der Frühjahrstagung der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds in Washington mit seinem „Brady-Plan“ geschafft: Die Verwirrung ist komplett. „Segen aus Washington“ titelte in ihrer gestrigen Ausgabe die 'Süddeutsche Zeitung‘ ihren Kommentar über die angebliche Annahme des Brady-Planes zur Verringerung des Schuldenstandes der Dritten Welt (siehe taz von gestern). „Probe aufs Exempel“ titelte die 'Frankfurter Rundschau‘ ihren Kommentar, der im Brady-Plan nur vage Vorstellungen sieht. „Dämpfer für Brady“ schließlich titelte die 'Frankfurter Allgemeine‘ ihrerseits ihren Kommentar darüber, daß die Gruppe der sieben mächtigsten Industrieländer (G-7, Großbritannien, USA, Frankreich, Japan, Italien, Kanada und die BRD) die substantiellen Teile des Brady-Planes nicht akzeptieren wollten.
Die ideelle Gesamtmeinung der G-7 zum Brady-Plan brachte Bundesfinanzminister Gerhard Stoltenberg in die Öffentlichkeit mit seiner Interpretation des Beratungsergebnisses: ein klares Ja zu einem „substantiellen Abschlag von der ursprünglichen Kreditsumme“ - freilich nur im Einzelfall und unter der Bedingung von wirksamen wirtschaftspolitischen Anpassungsleistungen. Darüber hinaus ein mindestens ebenso klares Fragezeichen zum Problem, wer denn die Schuldenreduzierung finanzieren sollte. Die Institutionen nämlich, für die die G-7-Regierungen höchstens sprechen können, nämlich IWF und Weltbank, sollen dafür keine Mittel zur Verfügung stellen, das meint Stoltenberg und ebenso energisch sein britischer Kollege Nigel Lawson. Freilich war das Engagement von IWF und Weltbank bei der Schuldenreduzierung zentrales Element des Brady-Planes. In einer zweiten Stufe, wenn die harten wirtschaftspolitischen Anpassungsleistungen von Erfolg gekrönt sein sollten - wobei nach der Stoltenbergschen Interpretation völlig unklar bleibt, wer über den Erfolg befinden soll, da kein Finanzier auszumachen ist -, könnte auch der IWF und die Weltbank in Erscheinung treten: Sie könnten Darlehen vergeben, mit denen „für eine kurze Zeit eine spürbare Entlastung des Zinsendienstes“ zu erreichen sein sollte - über neue Kredite also. Kein Wunder also, daß sich die Pressestelle im Bonner Finanzministerium gestern nicht zu einer Interpretationshilfe über ein „ja“ oder „nein“ zu Brady bereiterklären.
Immerhin: Der japanische Finanzminister hat jetzt angekündigt, daß sich sein Land mit 4,5 Milliarden Dollar an der Schuldenreduzierung beteiligen wolle.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen