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Kontinuität in der Messepolitik

■ Wirtschaftssenator Mitzscherling will Hochschulen weiter auf der Hannover-Messe sehen / Gut 140 AUssteller aus Berlin in Hannover

In der AMK herrscht noch weitgehend Unklarheit darüber, welche „Messe-Politik“ der neue Wirtschaftssenator Mitzscherling künftig betreiben wird. Werden künftig Länder wie Südafrika nicht mehr auf der ITB oder der Grünen Woche vertreten sein dürfen, weil ein sozialdemokratischer Wirtschaftssenator und erst recht die rot-grüne Koalition der AMK ins Messegeschäft reden können? Niels Oesten, bei der AMK für Auslandsmessen zuständig, sieht da eher beunruhigt in die Zukunft. Keine Probleme sieht er allerdings umgekehrt für die Präsenz Berliner Firmen auf Messen außerhalb der Stadt.

Schließlich ist das gerade ausgelaufene Messeförderungsprogramm des Senats zunächst einmal stillschweigend verlängert worden. Zumindest eine der vier „Berliner Adressen“ auf der Hannover-Messe Industrie, die gestern ihre Tore öffnete, wird überwiegend von der Industrie selbst getragen: Der Gemeinschaftsstand des „Berliner Zulieferermarktes“, auf dem unter der Regie der AMK 18 Mittelständler ihre Produkte offerieren - überwiegend aus der Metallverarbeitung und der Elektrotechnik. Fast voll.ständig ist eine zweite, sehr viel renommiertere Adresse dagegen von Staatsgeldern abhängig: der „Forschungsmarkt Berlin“, auf dem 24 Einrichtungen der Berliner Hochschulen ihre Produkte und Verfahren ausstellen, die es nach Meinung von Professoren und Vergabegremien lohnen, der Industrie angeboten zu werden. 700.000 Mark kostet der „Forschungsmarkt Berlin“ auf, unter und neben einem großen, dunkelrot gestrichenen Stahlskelettgerüst.; 80 Prozent davon kommen aus dem Haushalt der Wissenschaftssenatorin.

Auch die Ungewißheit zumindest über diesen Teil der neuen senatorischen Messepolitik legte sich schnell. Der Chef des Wirtschaftsressorts, am späten Nachmittag auf Blitzbesuch bei den Zulieferern und den Hochschulen, tat sich nicht schwer damit, eine Fortsetzung der Zuschüsse in Aussicht zu stellen. Mitzscherling: „Der Senat sieht es weiter mit wohlwollenden Augen“. Und ein Sommertheater wolle er deswegen schon gar nicht in Kauf nehmen. Da blickten auch professorale Standmänner hoffnungsfroh und entspannter.

Gut 140 Aussteller aus Berlin gibt es insgesamt auf der Hannover-Messe, etwas weniger als im Vorjahr. Der Grund: Immer mehr präsentierwillige Firmen gehen auf kleinere Spezialmessen und verlassen die industrielle Monstershow mit insgesamt mehr als 6.000 Ausstellern. Hinzu kommen strukturelle Schwierigkeiten. Anerkannt ist, daß die Berliner Wirtschaft vor allem „verlängerte Werkbank“, also nur Fertigungstätte ist, während Zentralen und Forschungseinrichtungen in West- und vor allem Süddeutschland sitzen. Ergebnis: In Berlin produzierte Güter stehen am Siemens-Stand, München, oder bei AEG, Standort Frankfurt. „Wir sind schon froh, wenn wir ein Motorrad von BMW zeigen können“, seufzt Müller.

Das hätte am ersten Tag, wenn sich auf einer Industrie -Messe überhaupt jemand dafür interessiert, aus einem anderen Grund kaum für Berlin werben können. Bei widerlichem Regenwetter blieb der Andrang der Neugierigen noch weitgehend aus.

diba

Die Senatoren für Wirtschaft und Arbeit, Mitzscherling und Wagner (beide SPD), sehen in der Besserung auf dem Arbeitsmarkt einen Aufwärtstrend, der nach den vielen Jahren zunehmender Arbeitslosigkeit zu begrüßen sei. Der Vergleich mit dem Bundesgebiet zeige aber, daß der Rückgang der Arbeitslosigkeit im Bundesdurchschnitt noch größer ist als in Berlin. Berlin habe einen großen wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Nachholbedarf.

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