: CSU-Schlappe im WAA-Ausschuß
Das SPD-Ausschußmitglied Zierer bleibt / Ein von der CSU angefordertes Landtagsgutachten spricht für ihn / CSU sucht jetzt nach einem Hintertürchen, um ihn doch noch loszuwerden ■ Aus München Luitgard Koch
Eine deutliche Schlappe mußte die CSU-Mehrheit bei der nunmehr dritten Sitzung des WAA-Untersuchungsausschusses einstecken. Zähneknirschend mußte der CSU -Ausschußvorsitzende Gustav Matschl nach zweistündigem Tauziehen hinter verschlossenen Türen verkünden: Das umstrittene SPD-Ausschußmitglied Dietmar Zierer wird weiterhin im Ausschuß mitarbeiten.
Die CSU-Mehrheit hatte sich bemüht, den unliebsamen Oberpfälzer SPDler und engagierten WAA-Gegner mittels eines von ihr in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens des Landtagsamtes abzuschießen. Die Schwarzen vertraten die Ansicht Zierer sei befangen, da es als stellvertretender Schwandorfer Landrat zweimal mit baurechtlichen Genehmigungen der WAA zu tun hatte. Im Oktober 85 weigerte er sich sieben bau- und wasserrechtliche Genehmigungen für die „Oberpfälzer Atommüllfabrik“ zu erteilen, und im August 88 lehnte er den Bebauungsplan für das Hauptprozeßgebäude ab.
Das 18seitige Gutachten des Landtagsamts fiel jedoch überraschenderweise nicht so aus, wie es die Herren der CSU zur Rechtfertigung ihres geplanten politischen Coups gebraucht hätten. Vielmehr kam das Gutachten zu dem Schluß, daß „eine Beteiligung am Gegenstand des Untersuchungsauftrags“ in der Form nicht gegeben sei. Die dienstliche Erklärung, die Zierer auf Druck der CSU Ende Februar abgegeben habe, reiche nicht aus, um ihn vor die Ausschußtür zu setzen. Die CSU-Mehrheit wurde gar getadelt. Die Gutachter warnten nämlich davor, den „Ausschlußtatbestand“ zu sehr auszuweiten, da sonst „der Kreis der zur Untersuchung befugten Abgeordneten zu klein werden könnte“.
Doch die CSUler wollen nicht aufgeben. Sie verzichteten zwar vorerst darauf, Zierer per Mehrheitsbeschluß hinauszuwerfen. Jedoch erklärte der Ausschußvorsitzende Matschl: „Die CSU behält sich vor, zum Gutachterauftrag eine Ergänzung zu beantragen. Da das Gutachten nur von der dienstlichen Erklärung Zierers ausgehe, sei es ungenügend. Die Frage, ob im Zusammenhang mit dem Selbsteintrittsverfahren Zierer doch noch beteiligt sei, bleibe offen. Nachdem Zierer die WAA-Genehmigungen ablehnte, trat das sogenannte Selbsteintrittsrecht der Staatsregierung in Kraft. Dieser speziell für die Durchsetzung der WAA ersonnene Winkelzug erlaubt es der bayerischen Staatsregierung, über die Köpfe der Landräte hinweg strittige Projekte durchzuziehen.
„Für uns ist die Sache eindeutig“, versuchte dagegen der stellvertretende SPD-Ausschußvorsitzende Helmut Ritzer die CSU in ihre Schranken zu verweisen. Nur bei exzessiver Auslegung des Gutachtens könnte von einer Beteiligung Zierers gesprochen werden. Heftige Kontroversen gibt es aber immer noch bei Verfahrensfragen. Nach wie vor strittig ist, ob der Fragenkomplex zu Verflechtungen zwischen WAA -Gutachtern und bayerischer Staatsregierung sowie deren mögliche Befangenheit, wie etwa der Skandal um den „unabhängi- gen Gutachter“ TÜV-Bayern, vorrangig behandelt wird. Die CSU versucht hier zu mau ern.
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