: Flambierter Giros-Grill
■ Brand einer Giros-Bude vor dem Bremer Amtsgericht / Daß es gebrannt hat, ist klar, wer was und warum weniger / Beweismittel verschlurt
Als die Feuerwehr in der Nacht zum 14.4.86 in der Neustadt anrückte, um eine lodernde Giros-Bude zu löschen, war es schon zu spät. Zwar konnte das mehrstöckige Haus am Buntentorsteinweg 70 noch gerettet werden, doch von der Inneneinrichtung blieb bis auf eine Haufen Holzkohle nicht mehr viel übrig. Die Experten der Experten der Kripo stellten wenig später mehrere Gegenstände sicher, unter denen sich auch ein roter Benzinkanister, sowie ein mit Flüssigkeit getränkter Lappen und ein roter Plastikeimer befanden.
Die Indizien schienen verdächtig. Mehmet K., der 26-jährige Sohn des türkischen Imbißpächters geriet unter feurigen Ver
dacht und drei Jahre später wegen Branstiftung vor das Bremer Amtsgericht. Da erzählte er gestern, daß er an jenem abend, nachdem auch der letzte seine Pita verdrückt hatte, zu putzen angefangen habe. Beim Grill angelangt, habe er plötzlich Flammen gesehen. Vor Schreck sei er nach draußen gerannt. Ein Taxifahrer alarmierte schließlich für Mehmet K. einen Spritzenwagen.
Von magischem Interesse war für das Gericht der rote Benzinkanister. Der mutmaßliche Brandstifter betonte, daß im Imbiß nichts dergleichen gewesen sei.Als der Verteidiger vorschlug, das corpus delicti zu begutachten, passierte eine kleine Panne: Die Beweismittel, obzwar akribisch
in den Akten aufgezählt, waren in irgendeinem Archiv verschollen. Also wurde vorläufig der Konsens „rotes, plastikartiges Behältnis“ gefunden. Aber auch so etwas, wollten Vater und Sohn nicht kennen. Allerdings sei Imbiß noch viel Zeug vom Vorgänger gewesen.
Auf den Familiensegen angesprochen, war zu hören, daß der gerade gerade hing. Vielleicht finanzielle Motive? An diesem Punkt trat der Gemahl der damaligen Verpächterin auf den Plan. Er bekundete, es habe keine finanziellen Probleme gegeben. Gefragt, weshalb er dann, 14 Tage vor dem Brand, einen Mahnbescheid an den Giros-Gastronom verschickt habe, beschrieb er
Mehmet K. als „früher ein bißchen uneinsichtig“. Das war damals, als er sich gegen zu hohe Mieten noch gewehrt hatte. Noch dazu mit „aufbrausendem Temperament“, aber „das ist die Mentalität der Ausländer, damit muß man halt fertig werden.“ Zwei Häuser weiter wohnend, begab er sich noch vor Beendigung der Löscharbeiten in die Kokel-Kaschemme, um die Spielautomaten zu entleeren. Die hatte er selbst dort aufgestellt, und bevor sie jemand geknackt hätte... Benzin, das im Gegensatz zu Geld stinkt, ist ihm dabei nicht aufgefallen. Am kommenden Donnerstag will das Gericht sich erneut auf Motiv-und Beweismittelsuche begeben.
Elke Weber
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