: Gratisbett beim lieben Gott
■ Drei Assistenzkrankenschwestern in der österreichischen Lainz-Klinik töteten mindestens 30 Patienten / Tatwaffe: Insulin und Schlafmittel / Mord war in vielen Fällen nicht nachweisbar
Berlin/Wien (taz/afp) - Mordskandal in einem Wiener Krankenhaus: Am Freitag wurden in Wien drei Assistenzkrankenschwestern festgenommen, die gestanden haben, mindestens 30 Patienten getötet zu haben. Die Motive waren nach Angaben von Polizeipräsident Günther Bögl falsch verstandene Sterbehilfe aber auch Überforderung durch schwierige Patienten.
Während infolge des bekanntgewordenen Skandals einige der Patienten umgehend nach Hause geschickt werden wollten, konnten es andere gar nicht fassen, daß die als „freundlich“ und „bemüht“ bekannten Schwestern diese Schreckenstat begangen haben sollen.
„Wer mich ärgerte, bekam ein Gratisbett beim lieben Gott“, so zitiert das Wiener Boulevardblatt 'Neue Kronenzeitung‘ in seiner Sonntagsausgabe eine der Beschuldigten. Eine andere gab an, allein 25 Morde gingen auf ihr Konto. Die 30jährige Waltraud Wagner, die 28jährige Irene Leidolf und Maria Gruber (27), die alle im Pavillon V des Krankenhauses Lainz als Stationsgehilfinnen tätig waren, wurden nach Ermittlungen der Kriminalpolizei verhaftet. Lainz beherbergt vor allem alte Leute, von denen viele nur mehr auf das Sterben warten. Die Morde waren nach Blutproben bei zwei Patienten aufgedeckt worden, die ohne Wissen der Ärzte eine Überdosis Insulin verabreicht bekommen hatten, aber gerettet werden konnten. Insulin und das Schlafmittel Rohypnol dürften die am häufigsten verwendeten Tatwaffen gewesen sein. Insulin wird vom Körper vollständig abgebaut und kann bei einer Autopsie kaum nachgewiesen werden. Die geständigen Krankenschwestern gaben aber auch an, Patienten Wasser in die Lungen gepumpt zu haben. Sie variierten ihre Methoden, „damit die Todesfälle gegenüber der Ärzteschaft verschleiert blieben“, erklärte der Polizeipräsident.
Die drei Beschuldigten sind keine diplomierten Krankenschwestern, sondern nur Stationsgehilfinnen, die gar keine Injektionen hätten verabreichen dürfen. Trotzdem wurden sie wegen Personalmangels häufig für solche Tätigkeiten eingesetzt. Schon vor einem Jahr war eine gerichtsmedizinische Untersuchung eingeleitet worden, nachdem eine 84jährige Frau einer Überdosis Schlafmittel erlegen war. Die Ermittlungen mußten damals jedoch ergebnislos eingestellt werden. Nach der jüngsten Serie von Todesfällen hatte Professor Franz Pesendorfer, der zuständige Primararzt, den Wiener Gesundheitsstadtrat Alois Stacher informiert. Dieser leitete den Fall an Polizeipräsident Bögl weiter.
rld
Auch für die Stichwahlen am Sonntag in mehr als 50 Bezirken wurde in Moskau mit dem neuen Superstar Boris Jeltzin geworben.
Foto: reuter
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen