: Back to the Future
■ In der Schauburg werden drei Folgen der unsterblichen Fernsehserie „Raumpatrouille Orion“ gezeigt, und dort sieht man, wie altmodisch die Zukunft sein kann: Back to the roots
„Was heute noch wie ein Märchen klingt, kann morgen Wirklichkeit sein. Dies ist ein Märchen von übermorgen.“ Wohl eher von vorgestern - muß man heute sagen, aber als 1966 die sieben Folgen der Fernsehserie „Raumpatrouillle Orion“ in glorreichem schwarzweiß über die Bildschirme flackerten, war das für uns Kinder der 60er das tollste, modernste und aufregenste. So wie unsere Eltern das Ohnsorg
theater nie vergessen haben, liegen bei uns „Hyperspace“, „Overkill“ und die „Frogs“ in einer Rumpelkammer des Gedächtnis, die sich quietschend öffnet, und es ist zugleich komisch und rührend, dort auf der Leinwand einen Teil der eigenen Vergangenheit aus der Entfernung wiederzusehen.
Das Publikum ist wie eine Gemeinde und das Gerede in den Stuhlreihen nebenan wirken im Kino nicht störend, sondern so erhellend wie das vereinzelte Gelächter, daß auf ein weiteres witziges Detail oder eine heute ganz und gar lächerliche Dialogstelle hinweist, die man selber in dieser Fundgrube von Erinnerungsstücken vielleicht übersehen hätte.
So lacht man über das Bügeleisen, das als Teil des Kommandopults gut zu erkennen ist, über die Plastikbecher, die an die Decke geklebt sind und die vielen abenteuerlichen Amaturen, die oft verdächtig wie Wasserhähne oder Pingpongbälle auf einer Stahlstange aussehen, und an denen die Schauspieler geschäftig herumhantieren, wobei sie ständig im technischen Kauderwelsch der Zukunft daher reden, das uns damals Ehrfurcht einflößte und heute in die Spären der unfreiwilligen Hochkomik abhebt. Im Starlightkasino kann man an den Tanzstilen des dritten Jahrtausends sehen, daß diese Menschen der Zukunft zwar gelenkiger als wir, dafür aber ohne jedes Rhythmusgefühl sein werden, und die Musik ist zwar ganz furchtbar elektronisch und futuristisch,
aber doch unverkennbar von dem Komponisten, der uns bei den Edgar-Wallace-Filmen immer alle Haare zu Berge stehen ließ.
Dietmar Schönherr ist immer noch solch ein wunderschöner Macho, wie es sein Name verspricht: Cliff Alistair McLane. Und Eva Pflug heißt als Agentin des Sicherheitsdienstes, die mit „Alfaordern“ nur so herumschmeißt, natürlich Tamara Yagelovsk. Auch sonst sind die Namen Programm: der arrogante Adjutant, der unserem Cliff immer ans Bein pinkeln will, muß als Von Spring Braun herumlaufen und Flottengeneral Kublai Krim ist begierig, ganze Sonnensysteme in die Luft - nein, in den Niemandsraum zu sprengen.
Mit drei hintereinander gezeigten Folgen von je 55 Minuten ist diese Zeitreise mit der Raumparouille etwas lang - aber auch wenn die Lacher bei der letzten Episode weniger werden, lohnt es zu bleiben, denn wenn sich McLane und seine crew vorher mit Außerirdischen und wildgewordenen Robotern abplagen müßen, landet er hier auf dem Planeten, auf dem die Frauen das Sagen haben, angeführt von der furchteinflößenden Margot Trogger als „Sie“, wodurch wir heute noch als Zugabe einen Exkurs zum Thema Emanzipation geliefert bekommen. Aber auch damit wird die Orionbesatzung fertig - zum Schluß heißt es „Rücksturz zur Erde“ und für uns „Back to the Future“.
Wilfried Hippen
Schauburg 23.00 Uhr
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