: 5.800 Hilfsarbeiter-Stellen im Handwerk frei?
■ Handwerkskammer: Insgesamt 10.300 Arbeitsplätze unbesetzt / Arbeitsamt: Freie Stellen melden / Umsatz stieg um 5,8 Prozent
Mit der Aufforderung, die Stellen auch an das Arbeitsamt zu melden, hat die Arbeitsverwaltung auf eine Umfrage der Handwerkskammer reagiert. Die Kammer hatte festgestellt, daß im Berliner Handwerk insgesamt 10.300 Arbeitsplätze unbesetzt seien, davon 5.800 für Ungelernte. Fast 4.300 der mit der Umfrage festgestellten Stellen sind dem Arbeitsamt bisher nicht gemeldet worden. Johannes Kernbach, der Sprecher der Arbeitsverwaltung, meldete zugleich Zweifel an den Zahlen an - „das sind zum Teil unbewiesene Behauptungen“. Doch auch andere mittelständische Einrichtungen und Verbände hatten sich in der letzten Zeit über einen Mangel an Hilfsarbeitern beklagt, wenngleich die Rede von der Faulheit der Arbeitslosen nur noch selten offiziell zu hören ist.
Rund ein Drittel aller der Kammer angeschlossenenen Betriebe waren danach befragt worden, wieviele Arbeitsplätze sie zur Verfügung stellen könnten. Hauptgeschäftsführer Gerhard Rohde gab an, daß nur jeder sechste Mittelständler keine Probleme bei der Personalsuche habe. Der Facharbeitermangel sei deutlich zu spüren. Aus- und Übersiedler aus Osteuropa und der DDR würden dieses Problem kaum mildern, weil sie mit westlichen Maschinen und Werkstoffen kaum vertraut sind und zudem häufig erhebliche Sprachprobleme haben.
Von den rund 100.000 Arbeitslosen der Stadt haben 55 Prozent keine abgeschlossenen Berufsausbildung. Selbst wenn davon etwa die Teilzeitsuchenden oder Frauen für einige Berufe abgezogen werden - warum ist es nicht möglich, daraus die freien Stellen für An- oder Ungelernte zu besetzen? Bei der Handwerkskammer herrscht Ratlosigkeit. Genaueres über die Ursachen weiß allerdings der stellvertretende Leiter der Abteilung Arbeitsmarkt beim Arbeitssenator, Dörnmann.
Er macht „unterschiedliche Voraussetzungen bei Angebot und Nachfrage“ aus. Oftmals genügten die „persönlichen Voraussetzungen der Bewerber nicht den Ansprüchen der Wirtschaft“ - gemeint sind Pünktlichkeit, äußeres Erscheinungsbild oder auch der bei Langzeitarbeitslosen häufige Alkoholismus. Hinzu kämen aber andererseits auch die angebotenen Arbeitsbedingungen, vor allem schlechte Entlohnung, ungünstige Schichtarbeit und weite Entfernungen zwischen Wohnort und Arbeitsplatz. Es sei dabei nicht festzustellen, ob nun die persönlichen Voraussetzungen oder das Angebot der Arbeitgeber eine größere Rolle spielt.
Im Übrigen scheinen ArbeitgeberInnen zuweilen Tätigkeiten, die sie für Angelernte vorsehen, zu niedrig einzustufen, obwohl sie höhere Qualifikationen - und damit wiederum höhere Löhne - erfordern.
Die Branche selbst hat derweil keinen Grund, über die Konjunktur zu klagen. Hans-Dieter Blaese, der wiedergewählte Präsident der Handwerkskammer, zeigte sich bei einer 75prozentigen Auslastung der Betriebe auch für das laufende Jahr optimistisch. Im letzten Jahr stieg der Umsatz des Handwerks vor allem auf Grund des Bau-Booms um 5,8 Prozent auf 11,2 Milliarden Mark. Die Zahl der Beschäftigten nahm von 140.000 auf 144.000 zu, die Zahl der Betriebe um 0,4 Prozent auf 15.457. Und mit größeren Preissteigerungen, so Blaese, sei nicht zu rechnen. Die höheren Preise für Holz und Stahl schlügen allerdings auf die Preise für Bauleistungen durch.
diba
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