: Lew Kopelew / Hermann Kant
Ganz auf bürokratische Schikanen schienen die sowjetischen Behörden nicht verzichten zu können, als der 1981 ausgebürgerte Lew Kopelew zum ersten Mal nach neun Jahren wieder in seine Heimat zurückkehrte. Man werde ihn schon einreisen lassen, müsse jedoch erst alles überprüfen. 90 Minuten vergingen, bevor er die Paßkontrolle passieren konnte. In den 70er Jahren gehörte Kopelew, der in der Stalin-Zeit zu Lagerhaft verurteilt worden war, zu den prominenten Regimekritikern und setzte sich auch für Solschenizyn und Sacharow ein. 1980 erhielt er eine Ausreisegenehmigung für einen Studienaufenthalt in der Bundesrepublik, zu dem ihn Heinrich Böll eingeladen hatte. Zwei Monate nach seiner Ankunft in Köln wurde Kopelew von den sowjetischen Behörden ausgebürgert. Jetzt will er in der Heimat seinen 77. Geburtstag feiern. Anschließend möchte er seinen vierwöchigen Aufenthalt für Arbeiten an seinem Forschungsprojekt „West-östliche Spiegelungen“ benutzen.
Der Präsident des DDR-Schriftstellerverbandes Hermann Kant (Das Impressum, Die Aula) hat sich zu seiner Mitschuld an dem Ausschluß von acht DDR-Schriftstellern 1979 aus dem Verband bekannt. In einem im ARD-Fernsehen ausgestrahlten Gespräch mit Günter Gaus sagte Kant: „Ich habe diese Mitschuld öffentlich ausgedrückt und gesagt, wir hätten wahrscheinlich länger miteinander reden müssen, geduldiger aufeinander hören müssen, mehr versuchen und uns nicht drängen lassen müssen.“ Es sei zu einer Konfrontation mit Leuten gekommen, die er alle, wenn auch unterschiedlich, schätze und deren Werk er nicht entbehren möchte. Zur Ausbürgerung Wolf Biermanns 1976 aus der DDR meinte Kant rückblickend: „Wenn man Politik nach ihren Ergebnissen bemißt, war es ein Fehler, zweifellos.“ Der Schriftstellerverband, dessen Mitglied Biermann nicht gewesen sei, „ist in dieser Sache nicht gefragt und nicht gehört worden“ und er habe davon erfahren, „als alles geschehen war“. Entsprechend sei auch im „Neuen Deutschland“ zu lesen gewesen, wie er, Kant, darauf reagiert habe. „Ich habe gesagt, mich brauchte man nicht vor ihm zu schützen.“ „Ich bin in eine Partei eingetreten, in der man eigentlich zur Kritik erst verpflichtet war, wenn man Selbstkritik geübt hatte. Das war manchmal schon ein bißchen komisch“.
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