: Angst vor dem Regen
Unicef-Operation „Lebensader“ für den Südsudan läuft auf vollen Touren / Die Hilfsaktion wurde jedoch viel zu spät gestartet, um erfolgreich sein zu können ■ Aus Nairobi Christa Wichterich
„Wenn die Hälfte der Hilfsgüter die Betroffenen erreicht, sind wir schon zufrieden.“ Auf dieses Maß haben Mitarbeiter der Unicef in Nairobi ihre Erwartungen an die „Operation Lebensader“ für den Südsudan reduziert. Unicef koordiniert von Kenia aus die Hilfslieferungen in die von den Rebellen kontrollierten Gebiete. Von Khartoum und Uganda aus sollen die Garnisonsstädte versorgt werden.
Während in der Bundesrepublik und anderen westlichen Ländern die Werbetrommel mit Volldampf geschlagen wird, um die benötigten 132 Millionen Dollar einzutreiben und zwei Millionen Menschen in dem vom Bürgerkrieg geschundenen Südsudan zu retten, herrscht vor Ort die große Angst vor dem Regen. Die Erinnerung an die letztjährige Überschwemmung im Sudan, die katastrophalen Regenfälle in Malawi und Dschibouti, der ungewöhnlich frühe und heftige Beginn der Regenzeit in Kenia schüren die Furcht vor dem Unwetter. Was für die Landwirtschaft ein Segen, wäre für die groß angelegte Rettungsaktion das Aus: sie bliebe im wahrsten Sinne des Wortes im Morast stecken. In Erwartung von Schlammschlachten für die Lastwagenkonvois und von Achsbrüchen hat Unicef gestern bereits zwei starke Traktoren und Schweißgeräte nach Nairobi eingeflogen. Doch nicht allein das Wetter kann eine Trombose der „Lebensader“ bewirken, sondern auch verminte Straßen, zusammengebrochene Brücken, marodierende Milizen und Banditen sowie die Lagerung der Hilfsgüter.
Warum startet die humanitäre Mammutaktion so spät, viel zu spät, um wirklich erfolgreich sein zu können, fragt man sich. Seit Ende vergangenen Jahres war klar, daß es in der diesjährigen Regenzeit zu einer totalen Krise der Ernährung und der medizinischen Versorgung in den von der Regierung gehaltenen Städten kommen würde. Wie die Situation in den von der Befreiungsarmee SPLA kontrollierten Gebieten aussieht, gehört weitgehend ins Reich der Spekulation. Das Internationale Rote Kreuz beobachtete im letzten Jahr in drei Regionen, daß die Bedarfslage sehr unterschiedlich ist: In Akon mangelt es an Nahrungsmitteln, während die Menschen in anderen Gebieten ausreichend zu essen haben, die Rinderpest aber ihren Viehbestand bedrohlich dezimiert hat. Impfstoff wird also benötigt und Saatgut, damit wieder etwas angepflanzt werden kann. Von all dem ist in dem rettungsenthusiastischen Aktionsplan von Unicef nichts zu lesen. Die nichtstaatlichen Organisationen, die bisher eine Minimalversorgung der Zivilbevölkerung im Süden aufrechterhalten haben, sind verstimmt darüber, daß ihnen Unicef nun als Koordinator vor die Nase gesetzt wurde.
Unterdessen geht der Bürgerkrieg weiter. Während aber in der vergangenen Woche sich SPLA und Armee heftige Kämpfe lieferten, meldet gleichzeitig eine Regierungsdelegation, die der SPLA in Addis Abeba die Friedensinitiative der neuen Regierung präsentiert hatte, beste Chancen für einen Frieden.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen