: Grüner Aufbruch abgebrochen
Schiedsgericht stoppt grüne Urabstimmung / Antje Vollmer, Aufbruch-Initiatorin: „Bürokratie schlägt Basis ■ Aus Bonn Gerd Nowakowski
Eine grüne Urabstimmung über den künftigen Kurs der Partei wird vorerst nicht stattfinden können. Das Bundesschiedsgericht der Grünen hat dies jetzt gestoppt. Es gab in einer einstweiligen Anordnung dem Kreisverband Starnberg recht, der die Rechtmäßigkeit der Urabstimmung anzweifelte (die taz berichtete). Der Bundesvorstand hat sofort Beschwerde gegen den Schiedsspruch eingelegt. Ein Termin für die Hauptverhandlung ist noch nicht benannt; mit einem endgültigen Spruch wird nach Aussage der Parteizentrale aber in etwa vier Wochen gerechnet.
Der Richterspruch rettet die Urabstimmungsinitiatoren allerdings auch vor einer drohenden Pleite. Wenige Tage vor dem Abgabeschluß für die Strömungsmanifeste ist erst ein Papier mit den notwendigen 200 Unterschriften eingegangen. Dabei handelt es sich auch noch um die in den Grünen als obskure Randgruppe geltenden „Liberalen Demokraten“, die gegen die „Zinsknechtschaft“ agitieren und sich freuten, nun auf Parteikosten jedes Mitglied erreichen zu können.
Erwartet wird noch das Manifest der „Aufbruch„-Gruppe. Nicht fertig geworden sind die Realos. Sie hatten bereits vergeblich - um Terminverlängerung nachgesucht und wollen ihr Papier erst Anfang Juni vorlegen. Fundis und Ökosozialisten wollten sich überhaupt nicht beteiligen. Das undogmatische „Linke Forum“ will nur einen Satz einreichen: „Eine Weiterentwicklung und Verbesserung der Politik der Grünen ist durch diese Urabstimmung nicht zu erreichen“ gefolgt mit einer längeren Begründung.
„Die Bürokratie schlägt die Basis“, erklärte die Urabstimmungsinitiatorin Antje Vollmer zum Schiedsspruch. Die politische Verhinderungsstrategie gegen den Willen von 130 Kreisverbänden habe nun „ihre Ergänzung in bürokratischem Denken und in Paragraphenfuchserei gefunden“.
Nach dem ursprünglichen Zeitplan sollten bis zum 17. April „Manifeste“ der Parteiströmungen vorliegen, über die dann im Juni von den Mitgliedern abgestimmt werden sollte. Der Kreisverband Starnberg führte dagegen an, daß die Satzung der Grünen lediglich eine Urabstimmung über das Programm zulasse, nicht aber über Papiere, von denen die Initiatoren der Urabstimmung ausdrücklich erklären, sie sollten nicht das Parteiprogramm ersetzen.
Das Parteigericht, dem unabhängige Juristen angehören, befand, dieser Ansicht könne „nicht von vornherein eine fehlende Erfolgsaussicht bescheinigt“ werden. Komme das Schiedsgericht in der Hauptverhandlung zu einem anderen Schluß, sei „der Nachteil für die Partei (...) gering zu bewerten, da es lediglich zu einer zeitlichen Verzögerung der Urabstimmung“ führe. Im gegenteiligen Falle aber würden bis zum endgültigen Schiedsspruch eine „erhebliche Menge Arbeitskraft, Arbeitszeit, Aufwand und auch Geld in Anspruch genommen für eine Maßnahme, welche nicht Fortsetzung Seite 2
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zur Durchführung gelangen könnte“, schreibt das Gericht.
Der Starnberger Kreisverband hatte neben seiner juristischen Argumentation auch bezweifelt, daß die Urabstimmung eine wirklich basisdemokratische Mitwirkung möglich mache, wie es die „Aufbruch„-Gruppe vertritt.
Unklar ist gegenwärtig, ob bei einem endgültigen negativen Schiedsspruch die Urabstimmung durch eine satzungsgerechte Reparatur des „Konstruktionsfehlers“ (Parteisprecher Schroeren) zu retten ist, oder ob das gesamte Verfahren neu
aufzurollen wäre. Voraussetzung für eine Urabstimmung ist die vorherige Zustimmung von einem Drittel aller Kreisverbände.
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