Brasilien: Schwierigkeiten für den Staudammbau

■ Verhandlungen zwischen der Weltbank und der brasilianischen Regierung über neue Kredite für den Energiesektor kurz vor dem Abschluß / Regenwälder im Amazonas-Gebiet bleiben gefährdet / Dem Staatsunternehmen Electrobras fehlen noch die Geschäftspartner

Berlin (taz) -„Natürlich nicht auszuschließen“ ist es für den Sprecher des Entwicklungsministeriums in Bonn, Obländer, daß die neuen Kredite der Weltbank an Brasilien für eine indirekte Finanzierung der Staudämme im Amazonas-Gebiet verwendet werden, und auch für Deutsche-Bank-Sprecher Dettmar ist „das nicht so weit von der Hand zu weisen“. In Washington stehen die Verhandlungen zwischen der Weltbank und Brasilien über einen Kredit von 300 bis 350 Millionen Dollar kurz vor dem Abschluß, mit dem Energiespar- und Umweltschutzmaßnahmen im brasilianischen Energiesektor finanziert werden sollen.

Im kommenden Jahr wird zudem über einen Kredit in ähnlicher Höhe verhandelt, der das brasilianische Stromnetz verbessern soll. Daß diese Gelder den brasilianischen Haushalt für Investitionen im Energiesektor, der sich auf fünf Milliarden Dollar beläuft, entlasten und so Geld für den Bau der Amazonas-Dämme frei wird, kann auch der zuständige Abteilungsleiter der Weltbank, Monazinge, nicht ausschließen: „Wir können ausländischen Regierungen ein solches Projekt nicht verbieten.“

Für diese Finanzierung gibt es nach Meldungen in der brasilianischen Wirtschaftspresse prinzipiell zwei Möglichkeiten. Die eine ist, daß die für den Bau der Staudämme zuständige staatliche Gesellschaft Electrobras unmittelbare Verhandlungen mit ausländischen Geschäftsbanken aufnimmt. Electrobras befindet sich jedoch in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten und ist deshalb als Geschäftspartner äußerst unattraktiv. Die Weltbank will deshalb - auch unabhängig von den Amazonas-Projekten - die brasilianische Regierung dazu zwingen, die Energiepreise zu erhöhen, um das Unternehmen wieder profitabel zu machen. Die Regierung weigert sich noch, weil Preiserhöhungen im Energiesektor die Inflationsrate des Landes noch weiter in die Höhe treiben wird.

Die andere Möglichkeit besteht in einer Umschichtung des Staatshaushaltes: Danach könnten Weltbank-Gelder Mittel für Zuschüsse an Electrobras freimachen, die dem Energie -Unternehmen die Verhandlungen mit den japanischen und bundesdeutschen Banken erleichtern würden. Doch auch dieses Modell ist unwahrscheinlich: Schließlich ist es sogar für Firmen wie den Ölkonzern Petrobras, der im Moment tiefschwarze Zahlen schreibt, nahezu ausgeschlossen, auf dem Weltmarkt einen Kredit aufzutreiben. Hinzu kommt noch, daß jede Erhöhung der Dollar-Zinsen ein solches knapp kalkuliertes Projekt aus der Profitzone werfen kann. Geschieht dies schon beim Bau der Staudämme und Kraftwerke, ist nicht auszuschließen, daß sich die Weltbank wieder mit der Abschluß-Finanzierung einer Investitionsruine befassen muß.

Noch völlig ungeklärt ist, welche Banken in das Geschäft mit Electrobras einsteigen könnten. Denn das Vorhaben gilt mittlerweile weltweit als überaus unpopulär; vor allem aber würden die Geschäftsbanken damit der Weltbank in den Rücken fallen, die die Auszahlung des zweiten Energiesektorkredites über 500 Millionen Dollar nach heftiger internationaler Kritik gestoppt hatte. Seither sind japanische und bundesdeutsche Banken als Fremdfinanziers im Gespräch.

Technische Schwierigkeiten mit der Weltbank würden ihnen allerdings dabei nicht entstehen. Weltbank-Experte Monazinge bestätigte, daß mit Geldern aus dem 300-Millionen-Kredit, dessen Einzelheiten zum Wochenende bekanntgegeben werden, auch ökologische Maßnahmen beim Staudammbau im Amazonasgebiet finanziert werden können.

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