: „Zusammenlegung in kleinen Gruppen liegt auf der Hand“
■ Aktuelle Stunde im Abgeordnetenhaus zum Thema „Begrenzung von Gewalt und Gegengewalt durch veränderte Haftbedingungen der RAF“ / CDU wirft Momper vor, dem „Terrorismus eine Chance zu geben“ / AL will auch über Zusammenlegung in große Gruppen reden
Justizsenatorin Jutta Limbach (SPD) zeigte sich gestern bei ihrer Jungfernrede vor dem Abeordnetenhaus so, wie sie es von dem Staat allgemein forderte: souverän. Das Abgeordnetenhaus diskutierte mehr als zwei Stunden lang über die Haftbedingungen von RAF-Gefangenen anläßlich des Hungerstreiks. Für die Justizsenatorin ist der Hungerstreik auch ein „Signal, um auf die Isolation und die Haftbedingungen aufmerksam zu machen“. Die „Momper -Initiative“ sei die erste gewesen, um die „Spirale von Gewalt und Gegengewalt zu durchzubrechen“. Die RAF stelle keine politische Gefahr „für unser System dar“, sondern es handele sich eher um ein „letztes Gefecht“. Zulauf zur RAF könne man am besten durch Souveränität unterbinden. Jutta Limbach antwortete im Rahmen der Debatte auch auf eine große Anfrage der CDU, die sich über die Situation der in Berlin inhaftierten RAF-Gefangenen informieren wollte.
Vier Gefangene sind es noch insgesamt in Berlin, wobei die beiden Männer im Normalvollzug sind. Die zwei Frauen haben mit Unterbrechungen von Anfang an an dem bundesweiten Hungerstreik teilgenommen. Sie „werden durchaus als gefährlich angesehen“. Ihre Haftbedingungen „werden keinesfalls als unzumutbar oder gar unmenschlich“ eingeschätzt, sate Frau Limbach. Sie erklärte noch einmal die Bereitschaft Berlins, „im Rahmen einer Gesamtlösung eine Gruppe von RAF-Gefangenen zu bilden“.
Die „Republikaner“ schlugen mit Volkes Stimme vor, gar nicht über Lösungen nachzudenken. Wenn jemand freiwillig hungere, dann müsse er auch die Freiheit haben, dies „bis zum bitteren Ende durchzuhalten“. Humanität verdienten eher die „Opfer der Terroristen“. Der Staat habe lediglich dafür zu sorgen, daß die Häftlinge „ein Frühstück, ein Mittagessen und ein Abendessen bekommen“.
Der CDU-Abgeordnete Klaus Finkelnburg warnte „nachdrücklich“ vor der Zusammenlegung. Der Regierende Bürgermeister Walter Momper habe mit seiner Initiative „dem Terrorismus eine neue Chance eröffnet“, wahrscheinlich auf Druck „seiner mit den Terroristen sympathisierenden grünen Freunde“. Wer Sonderrechte für Terroristen wolle, der leiste „dem Terrorismus Vorschub“. Eine Zusammenlegung der Gefangenen erschwere denen den Weg, die sich absondern wollen, und gebe den anderen Gelegenheit, „neue Aktionen zu planen und auf den Weg zu bringen“. Er habe Respekt vor denen, die sich aus humanitären „Gründen der Terroristen annehmen“. Gespräch mit den Menschen ja, „Verhandlungen mit den gemeinsam handelnden Terroristen nein“, sei die Haltung der CDU.
Eher lustlos als engagiert redeten die VertreterInnen der Regierungspartei zum Thema. SPD und AL-Abgeordneten war anzumerken, daß es leichter ist, mit Verve aus der Oppositionsecke zu argumentieren. Hans-Georg Lorenz (SPD) nannte eine ganze Reihe von Argumenten, die Psychologen, Strafrechtsexperten, Verfassungsschützer vorgebracht haben, die alle für eine Zusammenlegung sprechen. Bei einer sachliche Erläuterung der Argumente läge „eine Entscheidung für die Zusammenlegung in kleine Gruppen auf der Hand“. Das einzige Argument der Gegner hieße: „Wir lassen uns nicht erpressen!“ Die Mehrheit der Bevölkerung wünsche aber eher einen „menschlichen Staat“. Den Hungerstreik empfand er auch „als moralischen Druck“, der einen Solidarisierungseffekt habe. Wenn die „Republikaner“ etwa hungerstreikten, um gegen das Ausländerwahlrecht zu demonstrieren, fehle genau dieses Element des „Anlasses, der eine Qualität hat, die als Moral empfunden wird“.
„Ich meine auch, daß das Angebot auf kleine Gruppen sich ausweiten läßt auf größere Gruppen“, erklärte Renate Künast (AL). Die „Hysterie des Staates“ sei es, die den Zulauf neuer Mitglieder mitverursacht habe. Die jetzigen Haftbedingungen wirkten mobilisierend und führten zu einem Zusammenhalt der Gefangenen. Bei dem jetzigen Hungerstreik der RAF-Gefangenen sah Renate Künast eine neue Qualität. Die Gefangenen erklärten sich nun nicht mehr zu Kriegsgefangenen, sondern hätten erklärt, sie wollten an der gesellschftlichen politischen Diskussion teilnehmen.
Der CDU Abgeordnete Rösler war da ganz anderer Meinung. Er bedankte sich zwar zunächst artig bei der Justizsenatorin für die Beantwortung der Anfrage, gab aber dann seine eigenwillige Interpretation des Hungerstreiks ab: Die Gefangenen führten den „bewaffneten Kampf mit der Waffe ihres Körpers“ weiter von innen.
RiHe
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