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Des Pudels Kern-betr.: "Verlag ordert Chemikalien für Libyen", taz vom 6.4.89

betr.: „Verlag ordert Chemikalien für Libyen“, taz vom 6.4.89

Es war peinlich, als wir aus dem österreichischen Wochenmagazin 'Profil‘ erfahren mußten, daß ein Mitarbeiter der Geschäftsführung unseres Verlages via GAV-Telefax ein Offert für den Ankauf von Chemikalien eingeholt hat. Ein grün-alternativer Verlag als Chemiehändler, das schien uns mehr als unpassend. In der unmittelbar darauffolgenden Krisensitzung wurde die Einstellung solcher branchenfremder Geschäfte und die sofortige Kündigung des chemiehandelnden Mitarbeiters erwirkt.

(...) Da wird in 'Profil‘ und taz unterschwellig so geschrieben, als handelte es sich bei den angefragten Chemikalien um Waffenfähiges, obwohl die penible 'Profil' -Analyse selbst ebensolches nicht aufgespürt hat. Als Story war das ganze aber nur brauchbar, wenn irgendein Zusammenhang von angefragten Chemikalien und Giftgas hersgestellt hätte werden können. Und weil's den nicht gab, wurde er suggeriert. Wie dünn und durchsichtig wäre die Geschichte gewesen, hätte nur die bloße Wahrheit dringestanden; daß es sich nämlich um Lösemittel für Harze und Fette, synthetische Düngemittel, Essigsäureäthylester und ähnliches gehandelt hat.

Der Reiz, den ganzen Bericht zu skandalisieren, geht zweifellos vom Stichwort Libyen aus. Und dort liegt er wohl auch begraben, der eigentliche Kern des Pudels. Die 'MOZ‘ wäre ohne kräftige Finanzspritze aus dem Wüstenstaat nicht entstanden, das war nie ein Geheimnis. Daß mit diesem Geld seit über zwei Jahren ein radikales, linkes, grünes Zeitungsprojekt im Entstehen ist, juckt zumindest in Österreich so manch eingesessene Postille. Die Fremdfinanzierung ist im Lande südlich von München und Prag indes nichts ungewöhnliches. Die zwei größten Boulevardzeitungen 'Kurier‘ und 'Krone‘ werken mit BRD -Kapital der Gruppe 'WAZ‘. 'Profil‘, 'Trend‘ und 'Wochenpresse‘, die Creme der rehtsliberalen Magazine (linksliberale gibt's hier ohnedies nicht) bekommen ihr Geld ebenfalls vom Rhein. Der neu gegründete 'Standard‘ ist Springers erstes Versuchskaninchen in Österreich. Und das sozialdemokratische Parteiblatt 'AZ‘ führt intensive Verkaufsverhandlungen mit der 'WAZ‘ und Robert Maxwell, dem britischen Medienzaren. Demgegenüber, so meinen wir von 'MOZ‘, sind libysche Geldgeber seriöse Partner, die eine unabhängige redaktionelle Arbeit ermöglichen.

Die Redaktion der 'MOZ‘

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