piwik no script img

Giftgase aus dem Fernsehen

■ Modellversuch der Hamburger Umweltbehörde belegt: Fernsehen benebelt nicht nur den Geist / Tip gegen vermutlich krebserregende Giftgase: gründlich lüften

Gewußt haben wir's schon immer: Er schadet uns, beraubt uns der Geisteskraft, blendet unsre Weitsicht, nimmt wichtigen Platz im knappen Wohnraum weg. Der Fernseher.

Er sendet nicht bloß blendende Bilder, sondern auch giftige Gase, und zwar bromierte Dibenzofurane. (Die Hamburger taz -Redaktion spekuliert schon, ob da nicht eine langjährig geheimgehaltene Verschwörung zwischen Chemieindustrie und bewußtseinsbildender Fernsehindustrie gegen die fernsehende Nation auffiegt.)

In einem aufsehenerregenden Modellversuch hat die Hamburger Umweltbehörde nachgewiesen, daß der laufende Fernsehapparat gesundheitschädliche Dibenzofurane ausgast. Drei Tage lang stand zu diesem Zweck ein Gerät (japanischer Hersteller) unter Beobachtung, danach konnten 2,7 Pikogramm bromiertes Dibenzofuran pro Kubikmeter Luft gemessen werden.

Näherten sich die ChemikerInnen der Mattscheibe auf zehn Zentimeter, erhöhte sich der Meßwert auf elf Pikogramm. Eigentlich eine minimale Menge. Und, wie Fritz Vahrenholt, Staatsrat in der Hamburger Umweltbehörde, gestern mitteilte, kein Grund zur Panik. Zumal die Ausgasung im Bereich dessen läge, was wir an jeder großen Straßenkreuzung einatmeten.

Dennoch sei nun eine Initiative vom Bonner Umweltministerium notwendig.

Schon 1985 hatte der Hamburger Senat anläßlich der Umweltministerkonferenz genaue Untersuchungen über die Auswirkungen von bromierten Flammschutzmitteln gefordert. Diese werden bei allen elektrischen Geräten, die flammengeschützt werden müssen, eingesetzt - wie TV-Geräte, Haarföhne, Compu

tergehäuse. Der Bericht liegt seit Anfang des Jahres Umweltminister Töpfer vor, teilte Hansjürgen Natke vom Umweltbundesamt in Berlin mit. Staatsrat Vahrenholt jedenfalls wird bei der Umweltminister-Konferenz am Freitag wegen des Modellversuchs einige Forderungen stellen: zum einen sollen Herstellung und Verwendung von polybromierten Diphenylethern verboten werden. Die Gefahrstoffverordnung sollte

eine spezielle Regelung für die Giftstoffe aufnehmen und zudem sollten polybromierte Dioxine/Furane in die Störfallverordnung aufgenommen werden.

Um die Wirkung der möglicherweise krebserregenden Giftgase abzumildern, empfiehlt Vahrenholt, die Fenster nach mehrstündigen Fernsehmaratons zu lüften. Die taz empfielt: Zeitung lesen.

Brigitte Jakobei

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen