: China trauert um Hu
Einer der letzten Revolutionäre vom „langen Marsch“ ist tot ■ P O R T R Ä T
Peking (afp) - Einhellig trauerten Chinas Parteiführung und Studenten am Wochenende um den früheren Parteichef Hu Yaobang, der am Samstag im Alter von 74 Jahren einem Herzinfarkt erlegen war. In Pekings Beida-Universität versammelten sich tausende Studenten vor den verbotenen handgeschriebenen 'Dazibaos‘ (Wandzeitungen), in denen der 1987 in Ungnade gefallene Generalsekretär als „Verfechter der Reformen, der Freiheit und Demokratie“ sowie als „Freund der Jugend“ geehrt wurde. Medien und KP-Zentralkomitee würdigten Hu als „großen proletarischen Revolutionär“ und „loyalen kommunistischen Kämpfer“, sein Tod wurde als „schwerer Verlust für Partei und Volk“ bezeichnet. Die schweren Anschuldigungen, denen er nach seinem erzwungenen Rücktritt im Januar 1987 ausgesetzt war, blieben unerwähnt. Damals bezichtigte sich Hu vor dem Politbüro und dem ZK gegenüber den „liberal-bürgerlichen Elementen“ versagt zu haben, denen die Aufwiegelung der Proteste zugeschrieben wurde.
Mit Hu Yaobang hat die Volksrepublik einen der letzten Kampfgenossen von Mao Tse-tung und zugleich einen engagierten Verfechter der Reformpolitik verloren. Hu war 1980 mit der Unterstützung von Chinas starkem Mann Deng Xiapoing Generalsekretär der KP geworden, mußte das Amt im Januar 1987 aber nach massiven Studentendemonstrationen für mehr Demokratie im Land niederlegen. Konservative Kräfte in der Partei hatten ihn damals für den Protest verantwortlich gemacht. Gleichzeitig kreideten sie ihm an, daß er 1984 ungeachtet der prekären Beziehungen zu Japan und ohne Zustimmung der Parteispitze 3.000 junge Japaner zu den Oktoberfeiern nach Peking eingeladen hatte. Der inzwischen 85jährige Deng opferte seinen Schützling und potentiellen Nachfolger. Hu konnte aber seinen Sitz im Politbüro behalten.
Anfang April wurden in der parallel zum Parlament tagenden politischen Konsultativkonferenz sogar Stimmen laut, die die Rückkehr Hus an die Parteispitze forderten. Der 1915 geborene Sohn einer Bauernfamilie aus der südchinesischen Provinz Hunan war bereits mit 14 Jahren Mitglied der kommunistischen Partei. 1934 nahm er an Maos legendärem Langen Marsch teil.
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