: 10.000 neue LeserInnen für das elfte Jahr
■ Zum zehnten Geburtstag hat die taz nur einen Wunsch, aber den 2.000 mal: 'ne Handvoll Abos
„die tageszeitung“, ab heute täglich, hieß es vor zehn Jahren. Nach zehn Null-Nummern startete das Projekt mit rund 7.000 Vorausabonnements. Heute verbucht die taz 34.362 AbonnentInnen und erzielte im ersten Quartal '89 eine verkaufte Auflage von 63.926, wohlgemerkt IVW-geprüft. Am Samstag feierte die taz Geburtstag und wünscht sich fürs nächste Jahr 10.000 weitere Abonnenten.
Der 17.April 1989 - ein ganz normaler Tag und eine ganz normale taz. Jedoch: Daß aus dem Chaos und Gewusel, aus dem heute vor zehn Jahren die erste tägliche Ausgabe der tageszeitung entstand, einmal eine „Institution“ mit 190 Beschäftigten und 100.000 täglichen LeserInnen werden sollte - daran konnten am 17.April 1979 nur hemmungslose Optimisten glauben. Ohne großes Kapital und Know-how, belächelt von den Profis des Gewerbes und bekrittelt von den Propagandisten einer linken Parteipresse, war das „Projekt Tageszeitung“ gestartet - nur von dem Wunsch beflügelt, eine bessere Zeitung zu machen, und zwar subito. Daß aus diesem „spontanen Bedürfnis“, wie derlei Wünsche im WG-Jargon der 70er genannt wurden, am 17.April 1979 tatsächlich die erste Ausgabe der „tageszeitung“ entstand, war schon erstaunlich genug. Daß fortan zehn Jahre lang täglich eine taz erschien, grenzt an ein Wunder.
Wie dieses Wunder zustande kam, wurde zum heutigen zehnten Geburtstag auf vielfältige Weise beschrieben, in der bunten Jubiläumsausgabe ebenso wie in dem voluminösen Dokumentationsband „die taz - das Buch“. Doch eigentlich braucht es weder ein Buch noch große Worte, um zu benennen, wem allein dieses Wunder zu verdanken ist. Es sind die AbonnentInnen der taz. Sie waren es, die vor zehn Jahren den taz-Leuten durch Vorausabonnements den Start ermöglichten. Sie waren es, die die finanzielle Schieflage der taz -Finanzen immer wieder durch Neu-Abonnements vor dem Absturz bewahrten und die in weniger krisengeschüttelten Zeiten dafür sorgten, daß die Zeitung ausgebaut, erweitert, verbessert werden konnte.
Abonnements als wirtschaftliche Basis
Heute kann der Erfolg gefeiert werden. Die taz ist nach zehn Jahren aus der bundesdeutschen Medienlandschaft nicht mehr wegzudenken. Das verdankt sie zwar auch dem Engagement und Können aller MitarbeiterInnen, doch konnte sich dies nur auf der finanziellen Basis entfalten, die die AbonnentInnen der taz lieferten. Keine andere Tageszeitung der Republik ist auf diese Basis so angewiesen wie die taz: Nur etwa 12 % unserer Einnahmen kommen aus dem Anzeigengeschäft, 25 % aus den Verkäufen am Kiosk und über 60 % aus den Abonnements. Bei der Konkurrenz, die sich bis zu zwei Dritteln aus Anzeigen finanziert, ist dieses Verhältnis genau umgekehrt. Während dort ein paar Abonnements mehr oder weniger kaum etwas ausmachen, geht bei der taz schon ein leichter Rückgang der Abo-Kurve schnell an die Substanz - ein Risiko, daß wir auch in Zukunft tragen müssen.
Natürlich will und braucht die taz mehr Anzeigen, um die finanzielle Basis der Zeitung abzusichern. Aber unsere Unabhängigkeit von Industrie und Staat drückt sich auch in der Stuktur unserer Einnahmen aus, und die ist eindeutig: Abhängig sind wir nur von unseren LeserInnen. Eine Zeitung, die fast ausschließlich für ihre Information und Interpretation des Weltgeschehens bezahlt wird, braucht als sicheres finanzielles Fundament vor allem AbonnentInnen einen festen Stamm von LeserInnen, der vorab überweist und sich direkt beliefern läßt, zuverlässig, berechenbar und ohne Zwischenkosten.
Daß die taz zehn Jahre lang wachsen und unabhängig bleiben konnte, verdankt sie diesem Stamm der Abos, der, obwohl die AbonnentInnen im Lauf der Zeit vielfach wechselten, aber seit dem 17.April 1979 zuweilen schwankend, aber stetig gewachsen ist: Die Abos haben sich in diesen zehn Jahren verfünffacht, in nackten Zahlen ausgedrückt bedeutet das ein Wachstum von über 20 % im Jahr, eine Quote, von denen Großkonzerne, von kleinen Stoltenbergs zu schweigen, nur träumen. Nicht ohne Stolz betont das Geburtstagskind, daß dieses Wachstum ausschließlich mit biologisch-dynamischer, sprich selbstverwalteter Wirtschaft erzielt wurde. Viele Ideen, die am Anfang der taz standen und sie geprägt haben, setzen sich in der gesellschaftlichen Realität immer mehr durch. Wir sind davon Überzeugt, daß die taz auch in den nächsten zehn Jahren wachsen wird. Um aus der taz endlich das machen zu können, was in ihr steckt, haben wir einen bescheidenen Geburtstagswunsch: 'ne Handvoll Abos, und das zweitausend Mal, 10.000 neue AbonnentInnen für das elfte Jahr.
Steigende Auflage
ohne geistigen Tiefflug
Das neue Jahrzehnt der taz beginnen wir heute: mit mehr aktuellen Informationen im Nachrichtenteil und einer ab sofort täglich erscheinden Seite „Meinung und Diskussion“. Die taz war immer eine diskussionsfreudige Zeitung. Für die Lust an Kontroversen und Streit, für Gast-Kommentare, Thesenpapiere, Dokumentationen und Essays gibt es jetzt einen regelmäßigen Platz. Diesen Schritt, die Zeitung als Forum der Kontroverse und der Offenheit für das jeweils andere auszubauen, können wir gerade noch aus eigener Kraft unternehmen - alles weitere geht nur mit Eurer Hilfe. 30.000 Menschen kaufen die taz täglich am Kiosk, viele davon regelmäßig - wenn nur einige davon sich zu einem Abonnement entschließen und weitere neue AbonnentInnen dazu kommen, ist der Geburtstagswunsch schon erfüllt. Die taz-Crew könnte dann den Beweis antreten, daß steigende Auflage nicht automatisch geistigen Tiefflug bedeutet, sondern sich in höherer Qualität niederschlägt - in mehr Information, gründlicher Recherche und erweitertem Themenspektrum, kurz: in einer Zeitung, die das Ereignisfeld Erde auf einen Mikrokosmos von Worten zusammenquetscht, der täglich einen neuen Blick aus Ganze ermöglicht. Und zwar unbeschränkt von den verquasten Ideologien unserer vermurksten Egos und in dem Bewußtsein, das die hundertprozentige Wahrheit von heute unter Umständen schon morgen zu den Fehlern der Vergangenheit zählt. Die taz für das nächste Jahrzehnt und das folgende Jahrtausend - das ist die Vision einer geistig wie materiell unabhängigen, linken Zeitung.
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